aa) Wirkliche Teilhabe an der Abfindung
Grundsätzlich ist sowohl im Unterhalts- als auch im Zugewinnausgleichsverfahren darauf zu achten, dass ein Doppelausgleich vermieden wird. Dies kann nicht schon dadurch erreicht werden, dass die Abfindung nur in dem einen Verfahren und nicht in dem anderen berücksichtigt wird, weil, wie der BGH zutreffend bemerkt, eine Verurteilung dem Gläubiger nichts nützt, wenn der Schuldner nicht zahlt. Entscheidend ist deswegen darauf abzustellen, inwieweit dem Ehegatten die Hälfte der Abfindung tatsächlich zugewendet wurde.
bb) Abfindung im Zugewinnausgleichsverfahren
Hat der Verpflichtete Unterhalt geleistet, ist der auf die Abfindung zurückgehende, bis zum Stichtag gezahlte Betrag zu verdoppeln, von der Abfindung abzuziehen und der Rest als Vermögen in die Zugewinnausgleichsrechnung einzusetzen.
Unterhaltsrückstände am Stichtag sind nach der Rechtsprechung des BGH als Verbindlichkeiten anzusetzen. Die unterhaltsrechtliche Beteiligung der Abfindung wird dem Berechtigten damit zur Hälfte wieder genommen. Dies ist zu bedenken, wenn der Verpflichtete im Abänderungsverfahren gegen die Unterhaltsentscheidung die Gewährung der halben Abfindung geltend macht.
Leistet der Verpflichtete auch nach dem Stichtag für den Zugewinnausgleich Unterhalt aufgrund des Ansatzes der Abfindung, muss er den insoweit gezahlten Betrag zur Vermeidung einer Präklusion bis zu der letzten Tatsachenverhandlung im Zugewinnverfahren vorbringen und gegebenenfalls nachweisen, damit dieser (einfache, nicht doppelte Betrag) von der Verurteilungssumme zum Zugewinnausgleich in der zu erlassenden Entscheidung abgezogen wird.
Hat der Verpflichtete nach dem Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung im Zugewinnverfahren weiterhin Unterhalt auf der Grundlage der Abfindung gezahlt, kann er sich gegen eine Vollstreckung wegen des Zugewinns mit dem Vollstreckungsgegenantrag nach § 767 ZPO wenden, soweit mit dem Unterhalt die hälftige Teilhabe an der Abfindung zugewandt wurde. Der Unterhaltsberechtigte kann im Vollstreckungsgegenantragsverfahren nicht einwenden, dass der titulierte Unterhaltsanspruch zu Recht bestehe, weil sich inzwischen das Einkommen des Verpflichteten an seiner neuen Arbeitsstelle erhöht habe. Die dafür notwendige Prüfung der Auswirkungen auf den Bedarf und die Leistungsfähigkeit, d.h. auf den Inhalt des Anspruchs, kann nur in einem Abänderungsverfahren durchgeführt werden, nicht im Vollstreckungsgegenantragsverfahren, bei dem der Streitgegenstand sich darauf beschränkt, die Zwangsvollstreckung wegen nachträglicher Einwendungen für unzulässig zu erklären. Wegen des gleichen Gerichtsstands (§ 232 FamFG) kann die Abänderung auch mit einem Widerantrag im gleichen Verfahren begehrt werden.
cc) Abfindung im Unterhaltsverfahren
Solange der Unterhaltsverpflichtete den Zugewinnausgleichsbetrag nicht an den Unterhaltsberechtigten gezahlt hat, ist die Abfindung bei der Unterhaltsbemessung zwar aufseiten des Unterhaltsverpflichteten, nicht aber aufseiten des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen, weil für diese grundsätzlich das tatsächliche Einkommen maßgebend ist. Hat der Verpflichtete im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung des Unterhaltsverfahrens dem Unterhaltsberechtigten die Hälfte der Abfindung tatsächlich zugewendet, ist dies aufseiten des Unterhaltsverpflichteten nicht als Einkommen anzusetzen (wohl aber nach allgemeinen Grundsätzen als Einkommen des Unterhaltsberechtigten). Die Beteiligung an der Abfindung gilt, außer durch Zahlung, auch als zugewendet, wenn diese im Endvermögen des Verpflichteten angesetzt ist und damit seinen Ausgleichsanspruch mindert und die Entscheidung rechtskräftig ist, die ihm einen Ausgleichsbetrag zuerkennt.
Hat der Verpflichtete die Ausgleichsforderung erst nach der letzten Tatsachenverhandlung des Unterhaltsverfahrens gezahlt oder wird das Ausgleichsurteil zu seinen Gunsten erst nach diesem Zeitpunkt rechtskräftig, steht ihm gegen die Unterhaltsentscheidung das Abänderungsverfahren nach § 238 FamFG (mit der rückwirkenden Abänderungsmöglichkeit nach Abs. 3 S. 3) offen.