In diesem Verfahren hatte sich das OLG Celle nicht nur mit komplexen Fragen der betrieblichen Altersversorgung zu beschäftigten, sondern auch mit einigen bislang noch nicht entschiedenen verfahrensrechtlichen Fragen.
Der von einer Partei gestellte Antrag auf "Neuberechnung des Versorgungsausgleichs" wurde vom Gericht zutreffend nicht als Antrag auf Durchführung eines Ausgleichs nach Scheidung (§§ 20 ff. VersAusglG), sondern auf Abänderung nach § 51 VersAusglG behandelt. Dass im konkreten Fall eine wesentliche Wertveränderung feststellbar war, geht aus den vom FamG und dem Senat festgestellten Werten erkennbar hervor, ohne dass es insoweit einer besonderen Feststellung bedurfte. Es kommt nur darauf an, dass die Wesentlichkeitsgrenze von einem Anrecht überschritten wird (§ 51 Abs. 2 VersAusglG) mit der Rechtsfolge, dass der gesamte Ausgleich nach neuer Rechtslage durchzuführen ist.
Ausdrücklich stellt das OLG fest, dass der Änderung alle Entscheidungen zugänglich sind, die nach dem Recht getroffen wurden, das bis zum 31.8.2009 gegolten hat. Erfasst sind also auch Abänderungen, die nach § 10a VAHRG (a.F.) ergangen sind, denn das Gesetz stellt ab auf eine Entscheidung, die nach dem bis 31.8.2009 geltenden Recht getroffen wurde, nicht also zwingend auf eine Entscheidung im Verbund mit der Scheidung.
Die Vorschrift des § 51 VersAusglG erfasst alle Anrechte, also nicht nur die nach § 32 VersAusglG anpassungsfähigen Anrechte, auf die ohne die Erschwernisse nach § 51 Abs. 2 und 3 VersAusglG § 225 FamFG anwendbar ist. Ein Teilausgleich, der also einer Anpassung nach § 51 VersAusglG entgegenstehen könnte, liegt nur vor, wenn ein Teilbetrag ausgeglichen, ein verbleibender Rest dem späteren Ausgleich vorbehalten geblieben ist. Durch diese gesetzliche Regel wird vermieden, dass es zu praktisch nicht lösbaren Bewertungsfragen für die Anrechnung kommen kann. Durch den Wegfall des rechtsgestaltenden Ausgleichs nach alter Rechtslage entfällt nicht eine Anrechnung von Wartezeiten durch den Neuausgleich, was gesetzlich ausdrücklich bestimmt wird (§ 52 Abs. 1 S. 3 SGB VI).
Da die neue Entscheidung an die Stelle der abzuändernden Entscheidung tritt, muss im Tenor ausdrücklich die Aufhebung der Altentscheidung erfolgen. Dies ergibt sich, wie das OLG zutreffend ausführt, aus der Tatsache, dass bei Vorliegen der Abänderungsvoraussetzungen der Wertausgleich insgesamt nach neuer Rechtslage zu erfolgen hat, also nicht nur Teilbereiche abgeändert oder zu ergänzen sind.
Bei der Ermittlung und Bewertung ist das Gericht zu einer Totalrevision berechtigt ohne Bindung an die Altentscheidung. Es sind also Rechtsanwendungsfehler zu beseitigen. Nicht erwähnt wird vom OLG, dass die Abänderung nur die Anrechte erfassen kann, die auch Gegenstand der Altentscheidung waren. Es erfolgt also keine umfassende Neuermittlung von Anrechten, sondern das Amtsverfahren ist beschränkt auf die Anrechte, die in der Altentscheidung Gegenstand des Ausgleichs waren. Dies folgt aus § 51 Abs. 1 VersAusglG, da dort nur von den "einbezogenen" Anrechten die Rede ist. Das OLG hat, ohne dies ausdrücklich zu begründen, alle Anrechte der Parteien in den Ausgleich einbezogen, die in der abzuändernden Entscheidung aufgeführt sind. Wenn Bergner solche Anrechte, die nicht durch Übertragung/Begründung ausgeglichen wurden, hiervon ausnehmen will, übersieht er, dass diese Anrechte sehr wohl in den Ausgleich nach altem Recht einbezogen wurden, da sich der Ausgleich erst aus der Saldierung aller Anrechte beider Parteien (§ 1587a Abs. 1 BGB a.F.) ergeben hat.
Nicht korrigiert werden darf im Gegensatz zur früheren Vorschrift des § 10a VAHRG a.F. die fehlerhafte Ermittlung von Anrechten mit der Folge, dass in der Altentscheidung vergessene oder auch nur übersehene Anrechte nicht Gegenstand der Abänderungsentscheidung sein können. Entscheidend ist der Stichtag des Endes der Ehezeit, und deshalb werden auch solche Anrechte nicht in eine Abänderung einbezogen, die erst aufgrund der Neuregelung durch das VersAusglG Gegenstand eines Ausgleichs sein können. Dies folgt auch aus § 2 VersAusglG, denn diese Vorschrift ist erst am 1.9.2009 in Kraft getreten und wirkt nicht für die Vergangenheit.
Einen Einblick in die Komplexität der betrieblichen Altersversorgung bei Veränderungen durch Betriebsvereinbarungen und Erstreckung auf Personen, die bisher hiervon nicht betroffen waren, geben die Ausführungen des OLG. Es geht hierbei jedoch um Fragen des Einzelfalles und nicht von grundsätzlicher Bedeutung nach dem BetrAVG.
Mitgeteilt und kommentiert von Dr. Peter Friederici, Vorsitzender Richter am OLG a.D., Naumburg
FF 10/2013, S. 409 - 417