Einführung
Die bankübliche Verzinsung befindet sich auf einem historischen Niedrigstand. Demgegenüber kann – jedenfalls aus Sicht des Zugewinnausgleichsgläubigers – eine geradezu "paradiesische" Verzinsung erreicht werden, sofern nach dem Gesetz die Voraussetzungen von Verzugs- oder Prozesszinsen vorliegen (§§ 286, 288, 291 BGB). Vor allem bei höheren Zugewinnausgleichsforderungen, die über jahrelange Verfahren erstritten werden, sammeln sich erhebliche Summen an. Der Mandant von heute kann sehr schnell der Gegner von morgen werden, sofern er erkennt, dass sein Rechtsvertreter nicht die optimale prozessuale Vorgehensweise gewählt hat und ihm dadurch Zinsen entgehen. In der Praxis tauchen immer wieder folgende Fallgestaltungen auf, welche einen Anwaltsregress geradezu vorprogrammieren.
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Der Autor zeigt anhand von Beispielfällen auf, welche Fehler bei der Bearbeitung zugewinnausgleichsrechtlicher Mandate zu erheblichen Zinsverlusten führen können.
1. Der Zugewinn im Verbund – aus Sicht des Gläubigers i.d.R. ein Anwaltsregress!
Zu unterscheiden sind:
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Entstehen des Anspruches, |
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Fälligkeit, |
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Verzug oder Rechtshängigkeit – diese beiden Kriterien als Ausgangspunkt für eine Verzinsung. |
Damit es überhaupt zur Fälligkeit einer Zugewinnausgleichsforderung kommt (§ 1378 Abs. 3 S. 1 BGB), muss der Güterstand beendet werden. Erst dann entsteht die Forderung und wird fällig. Der Berechnungszeitpunkt orientiert sich an der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages oder eines Antrages auf vorzeitigen Zugewinnausgleich (§§ 1384, 1387 BGB). Üblicher Praxis entspricht es – leider –, in Scheidungsverfahren den Zugewinn gleichzeitig als Verbundsache und ggf. noch mit anderen Verfahren (z.B. Unterhalt) rechtshängig zu machen. Zwar mag dies der gesetzgeberischen Intention entsprechen. Der Richter soll über die Scheidung und ihre vermögensrechtlichen Folgen und deren Auswirkungen untereinander in einem einzigen Beschluss entscheiden. Sicherlich ist es auch kostengünstiger, alle vermögensrechtlichen Fragen in einem Verfahren zu klären. Nur: Aus Sicht des Gläubigers wird hierbei die Verzinsung völlig ausgeblendet.
Beispielsfall:
Der Ehemann besitzt Immobilien und einen Gewerbetrieb, deren Werte zwischen den Eheleuten höchst streitig sind. Die vermögenslose Ehefrau gibt die Werte mit 700.000 EUR, der Ehemann nur mit 400.000 EUR an. Die Ehefrau macht im Verbund 700.000 EUR geltend. Der Ehemann beantragt Abweisung. Auf Grund seines Vortrages ist aber ein Wert von 400.000 EUR unstreitig.
Ansonsten haben die Eheleute durch Ehevertrag alle Vermögensfolgen (Versorgungsausgleich, Unterhalt etc.) geregelt. Nach der einjährigen Trennung hätte im ersten Termin eigentlich die Scheidung erfolgen können.
Eine solche taktische Vorgehensweise ist fatal. Rundet man den gesetzlichen Zinssatz auf 5 % ab, beträgt der Zinsschaden der Ehefrau für jedes verlorene Jahr 35.000 EUR (700.000 EUR x 5 %). Auf jeden Fall sind ihr 20.000 EUR pro Jahr entgangen (400.000 EUR x 5 %), da der Ehemann diesen Betrag unstreitig gestellt hat. Ein Teilbeschluss konnte im Verbund insoweit nicht ergehen. Der Güterstand war noch nicht beendet. Ohnehin ist die Rechtsprechung wegen der Gefahr von widerstreitenden Entscheidungen sehr zurückhaltend gegenüber Teilbeschlüssen.
Der Zugewinnausgleichsgläubiger kann zwar versuchen, einen Abtrennungsantrag zu stellen. Regelmäßig wird er mit diesem Begehren in der Praxis aber scheitern. Die Rechtsprechung steht solchen Ablehnungsanträgen sehr restriktiv gegenüber. Neben der zwei- bis dreijährigen Verfahrensdauer muss eine unzumutbare Härte hinzukommen. Der Zugewinnausgleichsgläubiger, der die Sache verfolgt, muss sich von vornherein über eine solche Verfahrensdauer im Klaren sein. Es ist sein taktischer Fehler, wenn er das Verbundverfahren wählt. Zudem gäbe ein Gericht bei einer Abtrennung des Verfahrens die Möglichkeit aus der Hand, die Beteiligten mit der Ankündigung des Horrorszenarios, erst nach Jahren geschieden zu werden, zu einer vergleichsweisen Regelung der Scheidungsfolgen zu "bewegen".
Zugewinnverfahren dürfen lediglich dann im Verbund verfolgt werden, sofern gravierende Gesichtspunkte gerade für eine solche Vorgehensweise sprechen. Solche Gründe sind insbesondere:
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Der Unterhaltsanspruch für das Getrenntleben ist sicher, für den Fall der Scheidung jedoch nicht. Dies kann aufgrund der Gesetzeslage oder einer vertraglichen Vereinbarung der Fall sein. |
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Die Familienversicherung des Unterhalts- und Zugewinnausgleichsberechtigten ist ungesichert. |
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Das Scheidungsverfahren soll wegen der Möglichkeit einer Witwenrente hinausgezögert werden. |
Und wie sieht es aus Sicht des Zugewinnausgleichspflichtigen aus? Umgekehrt können diese Überlegungen natürlich ebenso genutzt werden. Ist er an einer alsbaldigen Ehescheidung gar nicht interessiert und möchte er – wegen der späteren Fälligkeit – das Scheidungsverfahren möglichst hinausziehen, kann er von sich aus den Zugewinn als Verbundverfahren mit geltend machen. Entweder verfolgt er das Verfahren im Rahmen einer Auskunftsstufe mit der Ankündigung, später den Zug...