Für die Praxis von besonderer Bedeutung ist die – neu eingeführte – Aufhebung der Bewilligung wegen Verletzung der Mitteilungspflichten gem. § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Diese Neuregelungen und die damit verbundenen strengen Sanktionen haben auch für die anwaltliche Arbeit erhebliche Bedeutung.
Für die Dauer von 4 Jahren – gerechnet ab der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens – werden bestimmte Mitteilungspflichten aufgestellt.
Nicht nur das Unterlassen einer Änderungsmitteilung führt zu einer Aufhebung, sondern auch eine zwar erstattete, aber inhaltlich unrichtige Änderungsmitteilung.
In § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO wird zudem klargestellt, dass die Aufhebung auch erfolgen soll, wenn die Partei im Nachverfahren auf Verlangen des Gerichts gemäß § 120a Abs. 1 S. 3 und Abs. 4 ZPO die Erklärung nur ungenügend abgibt, weil sie auf Nachfragen des Gerichts nicht oder nur ungenügend antwortet oder die Angaben in der Erklärung nicht glaubhaft macht.
Praxishinweise:
Anders als bei der Erklärung vor der Bewilligungsentscheidung ist hier keine "Reparatur" in der zweiten Instanz möglich. Denn der Grund für die Entziehung der Verfahrenskostenhilfe – die unter Verstoß gegen die gesetzliche Mitteilungspflicht nicht erfolgte ordnungsgemäße Mitteilung – wird nicht dadurch beseitigt, dass in zweiter Instanz korrekte Angaben gemacht werden.
I. Pflicht zur Mitteilung von wesentlichen Verbesserungen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei
Die Rechtsprechung lehnte bisher eine Verpflichtung der bedürftigen Partei ab, unaufgefordert dem Gericht über eine Verbesserung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu berichten. Nunmehr ist die bedürftige Partei ausdrücklich verpflichtet, wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Diese Mitteilung ist formlos möglich. Da es sich um schlichte Mitteilungspflichten handeln, die keine sehr umfangreichen Prüfungen voraussetzen, wird ein Zeitraum von 2 Wochen als angemessen angesehen.
1. Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei
a) Verbesserungen des Einkommens
Zu denken ist in der Praxis einmal an Verbesserungen des Einkommens:
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höheres Gehalt, z.B. bei Ausweitung der Erwerbstätigkeit |
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Gehaltsnachzahlungen, Prämien, Bonuszahlungen |
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zusätzliches Einkommen aus einer weiteren Tätigkeit |
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Einkommen aufgrund der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit |
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auch erhaltene Unterhaltszahlungen |
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Steuerrückzahlungen. |
Aus § 120a Abs. 2 S. 2 ZPO ergibt sich, dass auch der Wegfall abzugsfähiger Belastungen unaufgefordert mitgeteilt werden muss, wenn die Wesentlichkeitsgrenze überschritten ist.
Relevant sind damit auch geringere Ausgaben wie z.B.
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Auslaufen der Kreditraten |
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Auslaufen der Prozesskostenhilfe-Raten aus früheren Verfahren |
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Wegfall von Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern oder der Ehefrau |
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geringere Miete |
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geringere Fahrtkosten aufgrund eines Wohnungswechsels. |
aa) Keine Berücksichtigung zukünftiger Veränderungen bereits in der Bewilligungsentscheidung
Dabei ist das Gericht nicht gehalten, bereits in seiner Erstentscheidung quasi vorausschauend eine Zahlungspflicht im Hinblick auf die zukünftig wegfallenden Belastungen anzuordnen.
Bei der Prozesskostenhilfe-Entscheidung legt das Gericht die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Entscheidung zugrunde. Anders als bei der Unterhaltsfestsetzung für zukünftige Zeiträume wird keine Prognose der wirtschaftlichen Verhältnisse für die Zukunft vorgenommen. Daher kommt es bei der Bewilligungsentscheidung allein auf die zu diesem Zeitpunkt bestehende Belastung durch eine Kreditrate an. Besteht diese Belastung nicht mehr, kann die Bewilligungsentscheidung aufgehoben werden, ohne dass – wie bei einer Unterhaltsfestsetzung – ein Präklusionseinwand gem. § 238 FamFG entgegengehalten werden kann.
Zudem kann das Gericht bei seiner Erstentscheidung nicht absehen, ob der Beteiligte z.B. seinen Kredit nach der regulären Laufzeit tatsächlich pflichtgemäß abgezahlt hat oder ob sich dieser Zeitpunkt durch zwischenzeitliche Zahlungsunterbrechungen weiter hinausgeschoben hat. Eine – mitteilungspflichtige – Veränderung ist also immer dann gegeben, wenn zu einem späteren Zeitpunkt keine oder eine wesentlich geringere mtl. Rate mehr gezahlt wird.
bb) Keine automatische Berücksichtigung später neu aufgenommener Schulden
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass Schulden, die nach Verfahrenseinleitung aufgenommen werden, grds. keine Berücksichtigung finden können. Die Regelungen der Verfahrenskostenhilfe begünstigen den rechtssuchenden Bürger, soweit dieser sich aufgrund früherer, in Unkenntnis des gerichtlichen Verfahrens aufgenommener Schulden in einer finanziellen Zwangslage befindet, ohne dass es auf den Grund der Schuldenaufnahme ankommt. Werden Verpfl...