Einführung
Die zum 1.1.2014 in Kraft getretene Reform der Prozesskostenhilfe hat erhebliche Auswirkungen auf die alltägliche Arbeit in den Anwaltskanzleien. Der Beitrag soll einen Überblick über die Neuregelungen geben, die sowohl das Bewilligungsverfahren und die sachlichen Voraussetzungen der Bewilligung als auch den Zeitraum nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens betreffen. Dabei werden auch mögliche Haftungsrisiken und Überlegungen zur Vermeidung von Mehrarbeit und Haftung angesprochen.
A. Geändertes Formular zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
Das vom Antragsteller auszufüllende PKH-Formular ist neu gefasst worden. Das Formular steht im Internet auch als ausfüllbares PDF-Dokument zur Verfügung. Die dazugehörigen Ausfüllhinweise enthalten umfangreiche Hinweise und Anleitungen zum korrekten Ausfüllen und deutliche Belehrung auch zu den Pflichten des Antragstellers nach der Bewilligung und den Folgen einer Nichterfüllung (dazu unten).
Das Formular umfasst nunmehr vier Seiten. Die Fragen an den jeweiligen Antragsteller sind deutlich präzisiert worden; es ist jetzt auch ausreichend Platz vorhanden, um alle erforderlichen Angaben zu Einkommen und Vermögen zu machen. Es sollte darauf geachtet werden, dass alle vorgegebenen Ankreuzfelder ausgefüllt werden, um zeitaufwendige Rückfragen zu vermeiden.
Bezieher von Leistungen nach dem SGB XII müssen nur auf besondere Anforderung Angaben zu Bruttoeinnahmen, Abzügen, Bankkonten, Grundeigentum usw. machen. Bezieher anderer Sozialleistungen sind dagegen auch zu diesen Angaben verpflichtet.
Exkurs: Konsequenzen unrichtiger Angaben für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe (keine "Zweite Chance")
Für die sorgfältige anwaltliche Beratungstätigkeit in familienrechtlichen Angelegenheiten sollte die neue Rechtsprechung des BGH zu unvollständigen oder gar unrichtigen Angaben bei der Beantragung der Verfahrenskostenhilfe beachtet werden.
Bisher wurden die Regelungen über die Entziehung der Verfahrenskostenhilfe lediglich als Vorschriften des Kostenrechts angesehen. Danach war ein Widerruf der Prozesskostenhilfe wegen unvollständiger oder unrichtiger Angaben dann nicht möglich, wenn auch bei vollständigen und zutreffenden Angaben Prozesskostenhilfe hätte gewährt werden müssen. Dies bot dem jeweiligen Antragsteller die Möglichkeit einer "zweiten Chance", nämlich seine Bedürftigkeit noch nachträglich darzulegen und nachzuweisen und so die Entziehung der Prozesskostenhilfe zu verhindern oder nach einem neuen Antrag erneut bewilligt zu bekommen.
Der BGH hat jetzt klargestellt, dass die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung wegen falscher Angaben als Verwirkungstatbestand anzusehen ist, bei dem es auf eine Kausalität der falschen Angaben für die Bewilligung nicht ankommt. Damit scheidet die Möglichkeit einer "zweiten Chance" aus.
Eine solche Sanktion greift aber nicht nur für den Bereich der nachträglichen Entziehung der Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 2 ZPO, sondern hat bereits für das vorangegangene Bewilligungsverfahren Bedeutung. Wer durch unvollständige oder unzutreffende Angaben versucht, Prozesskostenhilfe zu erlangen und dann aufgrund der Hinweise des Verfahrensgegners bei diesem offensichtlichen Fehlverhalten ertappt wird, wird kaum anschließend mit Aussicht auf Erfolg den Versuch unternehmen können, mit jetzt vollständigen und zutreffenden Angaben Prozesskostenhilfe zu erlangen. Denn auch hier steht der Verwirkungsgedanke einer späteren Bewilligung entgegen.
B. Änderung des Bewilligungsverfahrens
I. Aufklärungsmöglichkeiten des Gerichts im PKH-Verfahren
Die im Regierungsentwurf vorgesehenen intensiven Ermittlungsmöglichkeiten des Gerichts hat das Gesetz nicht übernommen.
Der Gesetzgeber begründet dies mit dem Hinweis, in einem Antragsverfahren seien derart weitgehende Ermittlungsmöglichkeiten des Gerichts gar nicht erforderlich, da der Antragsteller die Voraussetzungen auch seiner wirtschaftlichen Bedürftigkeit darlegen muss. Kommt er seiner Mitwirkungspflicht nicht nach, kann das Gericht die Bewilligung vo...