Vor der Begutachtung ist dem Jugendlichen die Bestellung des Sachverständigen mittzuteilen. Ihm muss auch vor seiner Untersuchung der Zweck und der Umfang des Gutachtens sowie die Person des Gutachters mitgeteilt werden. Nur durch diese formlosen Mitteilungen kann er von seinem Ablehnungsrecht Gebrauch machen. Unterbleiben diese Mitteilungen, liegt eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör vor.
Der Sachverständige hat das Kind vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Der Sachverständige hat daher persönlichen Kontakt mit dem Kind aufzunehmen. Eine Entscheidung nach Aktenlage oder eine telefonische Befragung sind unzulässig. Auch darf der Sachverständige Unterlagen des behandelnden Arztes nur verwerten, wenn die Aufenthaltsbestimmungsberechtigten zuvor dem Sachverständigen eine Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erteilt haben.
Das Sachverständigengutachten muss so aufgebaut sein, dass es eine Trennung zwischen der Darstellung der Befunde bzw. der Ergebnisse und der Interpretation bzw. der Beurteilung enthält. Es muss verständlich, d.h. nachvollziehbar, nachprüfbar und widerspruchsfrei sein. Es muss mithin so abgefasst sein, dass das Gericht in der Lage ist, das Gutachten auf seine wissenschaftliche Begründung, seine innere Logik und seine Schlüssigkeit zu überprüfen. Lediglich dadurch kann es sich eine eigene Meinung von der Richtigkeit der vom Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen bilden. Es ist daher verpflichtet, das Sachverständigengutachten kritisch zu würdigen. Es muss sich ein eigenes Bild von der Richtigkeit der durch den Sachverständigen gezogenen Schlüsse machen. Der Richter muss daher kontrollieren, ob das Sachverständigengutachten methodische Mängel aufweist, ob gutachterliche Schlussfolgerungen gezogen werden, die mit der Vorgeschichte und den Erhebungs- und Untersuchungsdaten nicht im Einklang stehen und ob inhaltliche Mängel – z.B. durch Auslassungen oder Fehlinterpretationen – erkennbar werden. Auf keinen Fall darf pauschal auf den Inhalt des Sachverständigengutachtens Bezug genommen werden. Denn dies lässt eine kritische Würdigung vermissen. Der Richter ist nicht an das Ergebnis des Gutachtens gebunden. Fehlt ihm die eigene Sachkunde, kommt er aber aufgrund seiner eigenen Würdigung zu einem anderen Ergebnis, hat er zunächst in der mündlichen Verhandlung die Problemfragen abzuklären, ehe er aufgrund seiner Amtsermittlungspflicht ein weitergehendes Gutachten in Auftrag gibt.
Auch die Beteiligten können einen Antrag auf Erläuterung des Sachverständigengutachtens stellen. In Anbetracht des rechtlichen Gehörs darf dieser Antrag nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Gutachten dem Gericht überzeugend und nicht weiter erörterungsbedürftig erscheint. Hat das Gericht erster Instanz dem Antrag eines Beteiligten auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines Gurtachtens in mündlicher Verhandlung zu Unrecht nicht entsprochen, muss das Beschwerdegericht dem in zweiter Instanz wiederholten Antrag stattgeben. Anderenfalls verletzt es den Anspruch auf rechtliches Gehör.