Der verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstab und die verfassungsgerichtliche Prüfungsintensität bei Verfassungsbeschwerden gegen sorge- oder umgangsrechtliche Entscheidungen unterscheiden sich, je nachdem, ob eine Trennung des Kindes von den Eltern (Art. 6 Abs. 3 GG) wegen Kindeswohlgefährdung in Rede steht, oder ob ein Kind getrennter Eltern bei einem seiner beiden Elternteile lebt und die Rechte des anderen, getrennt lebenden Elternteils im Streit stehen. Bei der Trennung des Kindes von seinen Eltern (Art. 6 Abs. 3 GG) gelten besonders strenge verfassungsrechtliche Anforderungen (1). Dies hat in jüngerer Zeit in einer Reihe von Verfassungsbeschwerdeverfahren zu Stattgaben geführt. Zu beobachten ist seitdem, dass vermehrt Verfassungsbeschwerden (auch von anwaltlich vertretenen Beschwerdeführern), die sorge- und umgangsrechtliche Streitigkeiten in einem elterlichen Trennungskonflikt betreffen (bei dem es also nicht um eine Trennung des Kindes von seinen Eltern nach Art. 6 Abs. 3 GG geht), gleichwohl anhand der verfassungsgerichtlichen Maßstäbe zu Art. 6 Abs. 3 GG begründet werden. Dies kann nicht zum Erfolg führen. In sorge- und umgangsrechtlichen Streitigkeiten im Rahmen elterlicher Trennungskonflikte kommen ein anderer verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab wie auch eine andere verfassungsgerichtliche Prüfungsintensität zum Tragen (2), als sie vom Bundesverfassungsgericht bei der Prüfung von Art. 6 Abs. 3 GG angewendet werden. Die Beschwerdeführer überschätzen ihre Erfolgsaussichten insoweit wohl häufig auch deshalb, weil sie vom falschen Maßstab und damit von zu strengen Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit von Gerichtsentscheidungen ausgehen.
1. Trennung des Kindes von beiden Eltern (Art. 6 Abs. 3 GG)
Die strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen gelten nur im Fall der Trennung eines Kindes von seinen Eltern ("Inobhutnahme"/"Fremdunterbringung"). Diese seien kurz skizziert.
a) Sorgerecht
Um eine Trennung des Kindes von den Eltern zu rechtfertigen, müsste das Kind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei einem Verbleiben in der Familie in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet sein. Die Annahme einer nachhaltigen Gefährdung des Kindes setzt voraus, dass bereits ein Schaden des Kindes eingetreten ist oder eine Gefahr gegenwärtig in einem solchen Maße besteht, dass sich bei ihrer weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt. Das Bundesverfassungsgericht trägt mit diesem strengen Prüfungsmaßstab der besonderen Schwere der mit der Trennung des Kindes von seinen beiden Eltern verbundenen Grundrechtseingriffe Rechnung.
Zugleich schlägt sich die Schwere der Grundrechtseingriffe in einer erhöhten Kontrollintensität des Bundesverfassungsgerichts nieder. Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und die Würdigung des Tatbestandes sowie die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts sind zwar grundsätzlich Angelegenheit der zuständigen Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen. Dem Bundesverfassungsgericht obliegt lediglich die Kontrolle, ob die angegriffene Entscheidung Auslegungsfehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts oder vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen. Bei gerichtlichen Entscheidungen, mit denen Eltern zum Zweck der Trennung des Kindes von den Eltern (Art. 6 Abs. 3 GG) das Sorgerecht oder Teilbereiche hiervon entzogen werden, ist es jedoch wegen des sachlichen Gewichts der Beeinträchtigung der Grundrechte von Eltern und Kindern angezeigt, über diesen Prüfungsumfang hinauszugehen. Dabei kann sich die verfassungsgerichtliche Kontrolle wegen der besonderen Eingriffsintensität ausnahmsweise auch auf einzelne Auslegungsfehler sowie auf deutliche Fehler bei der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts erstrecken.
b) Umgangsrecht
Auch der Ausschluss der Eltern vom Umgang mit ihrem in einer Pflegestelle untergebrachten Kind wie auch die Beschränkung des elterlichen Umgangsrechts unterliegen strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Zwar kommen die strengen Vorgaben des Art. 6 Abs. 3 GG bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung eines ...