Unmittelbar mit dem Bedarf hängt die Bedürftigkeit zusammen. Denn je höher der Bedarf ist, umso schwerer fällt es, diesen aus eigenem Einkommen zu decken, umso schneller verbrauchen sich die Kapitalreserven des Pflegebedürftigen, umso früher setzt die Unterhaltspflicht ein und umso höher kann der Regressanspruch ausfallen.
Die Fragen der Bedürftigkeit sind vielschichtig. Beim Unterhaltsrecht stehen zwar die Geldleistungen im Mittelpunkt. Damit besteht die Gefahr, die Bedeutung persönlicher Dienstleistungen zu unterschätzen.
Persönliche Pflegeleistungen von Familienangehörigen sind Teil des Unterhalts und mindern die Bedürftigkeit. Hier wird ein Bedarf gedeckt, der andernfalls zu vergüten wäre. Solche Leistungen sind vor allem in der häuslichen Pflege relevant. Aber auch im Bereich der Heimpflege können Angehörige weiterhin einen beachtlichen Teil persönlicher Betreuung – vor allem im psycho-sozialen Bereich – leisten. Kinder sind nicht selten seit Jahren für ihre Eltern als Betreuer tätig. Solche Leistungen mindern nicht unbedingt den übrigen materiellen Bedarf. Dadurch verlieren sie aber nicht den Charakter von Unterhaltsleistungen, insbesondere dann nicht, wenn sie höhere Aufwendungen ersparen. In der Schweiz – ein Land mit einer ähnlichen Hilfestruktur wie in Deutschland – ist bei der Heranziehung von Verwandten deren aktive Unterstützung bei der Problembewältigung (z.B. Betreuungsleistungen) angemessen zu berücksichtigen.
Im Übrigen steht es außer Frage, dass eigenes Einkommen und bis auf ein geringes Schonvermögen auch vorhandenes Kapital zur Deckung des eigenen Bedarfs zu verwenden sind.
Erwerbseinkommen sind bei den Hilfen zur Pflege nicht relevant. Im Übrigen zählen zum Einkommen die gesetzlichen Altersbezüge unabhängig von besonderen gesetzlichen Anrechnungsvorschriften, private Renten und sonstige Kapitalerträge sowie die Leistungen der Pflegeversicherung. Dabei ist auf eine optimale Nutzung des durch die Pflegeversicherung verfügbaren Budgets zu achten. Gibt es hier Versäumnisse, können diese nicht die Bedürftigkeit erhöhen.
Inzwischen ist die Rechtsprechung mit späten Scheidungsfolgen konfrontiert, wenn der Versorgungsausgleich die im Alter verfügbaren Mittel stark dezimiert oder – zugunsten des Berechtigten – die Rente aufgebessert hat. Die mit der Unterhaltsrechtsreform betonte eigenverantwortliche Lebensführung nach der Scheidung strahlt auf den Elternunterhalt aus, sofern ein Ehegatte keine ausreichende Eigensicherung erreicht hat. Das Sozialamt greift auch schon mal auf das Kapital einer mit dem Vorsorgeunterhalt erworbenen privaten Rentenversicherung zu, um unter Ausübung des Kapitalwahlrechts die bis zur Fälligkeit erbrachten Leistungen zu refinanzieren. In der Folge fehlen später die Einnahmen aus der laufenden Zusatzrente. Hat sich das Sozialamt die Beiträge zur Krankenversicherung erspart, gibt es keine Pflegeversicherung und damit kein Pflegegeld. Fehlende Leistungen können in solchen Fällen als fiktives Einkommen bedürftigkeitsmindernd angerechnet werden. Gilt dies auch bei einer vom Berechtigten unterlassenen privaten Altersvorsorge? Bislang noch nicht diskutiert und entschieden sind die Fragen nach einer zumutbaren privaten Absicherung des Pflegerisikos. Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Urteil von Juni 2005 die Notwendigkeit der erweiterten Eigenvorsorge betont und damit den geringen Stellenwert des Elternunterhalts für die Altersabsicherung begründet.
Bedürftigkeitsmindernd zu berücksichtigen sind alle weiteren Sozialeinkommen, soweit sie im Verhältnis zum Unterhalt nicht subsidiär ausgestaltet sind. Zu nennen ist vor allem die soziale Grundsicherung. Diese ist nach der Intention des Gesetzgebers auch nach ihrer Eingliederung in das SGB XII vorrangig in Anspruch zu nehmen. Unterbleibt dies, können die Leistungen fiktiv als Einkommen angesetzt werden. Grundsicherungsleistungen werden neben den Leistungen zur Pflege gewährt und unterliegen beim Verwandtenunterhalt nicht dem Regress.
Hilfebedürftige Eltern leben nicht immer allein. Ehegatten sind einander prinzipiell uneingeschränkt und vorrangig vor allen anderen zum Unterhalt verpflichtet. Das gemeinsame Einkommen ist daher auch für die Kosten der Pflege einzusetzen. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten tritt im Sozialrecht an die Stelle des Anspruchs auf Ehegattenunterhalt ein Kostenbeitrag. Dessen Höhe wird in einer komplizierten, mehrstufigen Berechnung aus der häuslichen Ersparnis und einem Anteil des gemeinsamen Einkommens bestimmt (§ 85 SGB XII). Ziel ist es, eine übermäßige Belastung des nicht pflegebedürftigen Ehegatten zu vermeiden und diesem weiterhin ein Leben in der vertrauten Umgebung zu ermöglichen. Diese sozialrechtlichen Vorgaben hat der BGH für die unterhaltsrechtliche Betrachtung verworfen. Selbst in der Ehe gilt für den pflegebedürftigen Ehegatten ein Vorrang bei der Deckung des eigenen Bedarfs. Genügt hierfür sein eigenes Einkommen, besteht insoweit kein Unte...