Der Bezug zu den individuellen Lebensverhältnissen wird daher auch nicht allein durch das von der Rechtsprechung entwickelte Rechenschema hergestellt, sondern ergibt sich erst anhand einer Bereinigung des Nettoeinkommens durch den Vorwegabzug besonderer, nicht aus dem Selbstbehalt zu tragender Aufwendungen. Dabei führen die durchaus unterschiedlichen Vorstellungen über das, was zur eigenen angemessenen Lebensführung gehört und durch den Selbstbehalt abgedeckt sein soll, zu größeren Unterschieden, als es die vermeintlich klaren Vorgaben in der höchstrichterlichen Rechtsprechung erwarten lassen.
Die Anschaffungskosten für einen Pkw gehören nicht mehr zum allgemeinen Bedarf, der aus dem Selbstbehalt aufzubringen ist. Ein hierfür angespartes Kapital ist ebenso wenig für andere Zwecke einzusetzen wie die Kreditraten aus dem Selbstbehalt zu tragen sind. In einer späteren Entscheidung wird der Abzug der Kreditrate hingegen verworfen, weil die Notwendigkeit einer Neuanschaffung nicht belegt sei. Nun sind Sparen und Kreditaufnahme zwei Seiten derselben Medaille – die ratierliche Finanzierung langlebiger Gebrauchsgüter aus dem Einkommen. Beide Modelle binden Einkommen für denselben Zweck. Auf die Art der Finanzierung kann es also nicht ankommen. Es entspricht ohnehin einer vernünftigen Haushaltsführung, Einkommen für größere Ausgaben oder als Rücklage für die Wechselfälle des Lebens anzusparen. Hierfür müssen ausreichende Mittel verbleiben, damit nicht unerwartet auftretende Ausgaben die Aufnahme eines Kredites erfordern und die eigene Lebensführung durch vermeidbare Zinszahlungen zusätzlich einschränken. Das Halten eines Reitpferdes ist im Oldenburger Land nichts Ungewöhnliches – der BGH wirft die Frage nach einer luxuriösen Lebensführung auf, wenn die durchaus erheblichen Kosten nicht mehr ohne Schmälerung des übrigen Bedarfs aus dem schematisch ermittelten Selbstbehalt aufgebracht werden können. Dies ist ein Grundproblem jedes aufwändigeren Hobbies. Dessen Ausübung ist wiederum mehr als eine nur finanzielle Frage, da es zugleich das eigene Selbstverständnis sowie die Pflege der dafür wichtigen sozialen Außenkontakte betrifft. Noch mehr befremdet es, wie kontrovers Gerichte grundlegende Fragen wie die leistungsmindernde Berücksichtigung der Besuchskosten – also des Aufwandes zur solidarischen Pflege der Familienbande und psycho-sozialen Unterstützung der eigenen Eltern – beurteilt hatten. Es bedurfte selbst hier einer Klarstellung durch den BGH.