Zur Ausübung der Kontrolle hat das Gericht die ihm vorgelegte Vereinbarung daraufhin zu überprüfen, ob sich daraus Anhaltspunkte für Verstöße gegen die Vertragsparität ergeben. Für die richterliche Kontrolle gilt das Veranlassungsprinzip. Das Gericht ist ohne konkrete Anhaltspunkte nicht gehalten, zur Vorbereitung der Inhalts- und Ausübungskontrolle die Auskünfte zum VA einzuholen. Es hat auch nicht ohne Anlass die VA-Fragebögen von den Parteien anzufordern. Eine richterliche Prüfung ist jedoch dann veranlasst, wenn sich aus dem Akteninhalt Anhaltspunkte für die Benachteiligung einer Vertragspartei ergeben. Das OLG Brandenburg hat eine richterliche Prüfungspflicht bejaht, wenn sich hierbei das Vorliegen einer typischen Fallgruppe der Beanstandung im Rahmen der Ausübungskontrolle aufdrängt (hier: langjährige Betreuung gemeinsamer Kinder durch den Ehemann und erhebliche Einkommensunterschiede bei den Ehegatten). Der vom OLG Brandenburg entschiedene Fall zeigt im Übrigen, dass eine ungerechtfertigte Benachteiligung nicht nur – wie zumeist – aufseiten der Ehefrau gegeben sein kann.
Entgegen dem Wortlaut der Gesetzesbegründung wird aber auch die Auffassung vertreten, dass eine Inhaltskontrolle (hier als Oberbegriff von Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle) unabhängig von einem konkreten Anlass in jedem Fall von Amts wegen zu erfolgen und das Gericht zu diesem Zweck die Anrechte der Parteien zu ermitteln habe. Bei diesem Vorgehen wird eine Vereinbarung der Ehegatten nicht selten obsolet werden, weil jede Abweichung von dem gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleich als Verstoß gegen die Halbteilung angesehen werden kann. Nach Friederici setzt die richterliche Prüfung jedenfalls voraus, dass die Beteiligten im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht nach § 27 FamFG eingehend zu den Grundlagen der Vereinbarung vortragen. Die Einholung der Auskünfte zum VA sei dagegen nur in Einzelfällen erforderlich.
Die Wirksamkeitskontrolle nach § 138 BGB und die Ausübungskontrolle gemäß § 242 BGB dürfen aber nicht dazu führen, dass die früheren Genehmigungsvoraussetzungen des § 1587 o Abs. 2 S. 2 BGB in das neue Recht hineininterpretiert werden.
Im zuletzt entschiedenen Fall hat das OLG Nürnberg die von ihm selbst protokollierte (!) wechselseitige Verzichtsvereinbarung anschließend der Inhaltskontrolle unterworfen und festgestellt, dass wegen der Vertragsfreiheit der Ehegatten bei der gerichtlichen Kontrolle Zurückhaltung geboten sei. Die grundsätzliche Disponibilität gestatte jedoch nicht, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelung beliebig unterlaufen werde. Dies wäre der Fall, wenn durch die Vereinbarung eine nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die für den benachteiligten Ehegatten unzumutbar sei. Insofern bejaht es eine generelle Prüfungspflicht des Gerichts. Im konkreten Fall lagen die in erster Instanz eingeholten Auskünfte vollständig vor und dürfte diese Prüfung bereits vor der Protokollierung erfolgt sein, weil das Gericht anderenfalls nicht am Zustandekommen der Vereinbarung mitgewirkt hätte.
Eine generelle Prüfungspflicht steht aber mit dem Wortlaut der Gesetzesbegründung nicht im Einklang. Das Gericht ist allerdings gehalten, den gesamten Akteninhalt im Rahmen einer Gesamtschau vollständig zur Kenntnis zu nehmen und effektive Anhaltspunkte für die Benachteiligung einer Partei durch eine Vereinbarung aufzugreifen. Nur wenn konkrete Gründe vorliegen, darf es weiteren Vortrag zum Zustandekommen und zu den Hintergründen der Vereinbarung verlangen. In diesem Fall ist der anwaltliche "Besinnungsaufsatz" hierzu angebracht. Sind konkrete Anhaltspunkte dagegen nicht ersichtlich, so sollte sich der Rechtsanwalt gegen eine entsprechende Aufforderung des Gerichts unter Hinweis auf die Rechtsprechung verwahren.
In jedem Fall sollte eine Partei, die sich durch eine Vereinbarung benachteiligt fühlt, die Gründe hierfür anführen. Will sie sich auf eine Verletzung der Vertragsparität berufen, so obliegt es ihr, dazu im Einzelnen vorzutragen und ggf. Beweis anzutreten. Regelmäßig lassen sich nämlich nicht sämtliche maßgeblichen Umstände dem Vertragstext selbst entnehmen. Dies gilt insbesondere für subjektive Vorstellungen und Umstände des Vertragsschlusses, die für die richterliche Kontrolle ebenfalls bedeutsam sind. Bei entsprechendem Vortrag, der eine unzumutbare Benachteiligung nahelegt, hat das Gericht in jedem Fall die Vereinbarung nach § 138 BGB und ggf. nach § 242 BGB zu überprüfen.
Autor: Margarethe Bergmann , Abteilungsleiterin des FamG Köln a.D., Bonn
FF 10/2016, S. 391 - 393