Besonders sorgfältig sollten Unterhaltsabfindungen behandelt werden bei Eheleuten, die sich in einem rentennahen Alter befinden. Wenn der Gestalter hier nicht sauber abgrenzt, wird es ihm wie dem Kollegen ergehen, dem der BGH in der Entscheidung vom 26.6.2013 eine deutliche Abfuhr erteilt hat. Die Eheleute stritten um einen nachehelichen Unterhalt von 500 EUR und um einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von ca. 94.000 EUR. Der Rentnerehemann verpflichtete sich im Scheidungsverfahren, einen Miteigentumsanteil an einer Immobilie zu übertragen "zum Ausgleich etwaiger Zugewinnausgleichsansprüche sowie Ansprüche der Antragsgegnerin auf nachehelichen Unterhalt". Des Weiteren vereinbarten die Parteien, dass die mögliche Geltendmachung des sog. Unterhaltsprivilegs gemäß § 33 VersAusglG durch die Abfindung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau nicht berührt werde. Das war fatal, denn mit dieser Vereinbarung ist genau dasjenige eingetreten, was der Vertreter des Ehemannes vermeiden wollte. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Dem Ehemann war die Aussetzung der Kürzung nach § 33 Abs. 1 VersAusglG versagt worden.
Das sog. Unterhaltsprivileg nach § 33 Abs. 1 VersAusglG setzt bekanntlich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch voraus, in dessen Höhe die Kürzung der Rente des Unterhaltsverpflichteten ausgesetzt werden kann, solange der Unterhaltsanspruch besteht. Der Gesetzgeber hat die Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Kürzung ausdrücklich auf die Höhe dieses fiktiven gesetzlichen Unterhaltsanspruchs begrenzt, weil er – Kollegen, aufgepasst! – der Gefahr von Manipulationen durch kollusives Zusammenwirken der Eheleute begegnen wollte. Dass im vorliegenden Fall ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch bestand, war nicht zweifelhaft. Denn sonst hätten die Parteien darüber keine Regelung getroffen. Das Problem war aber, ob mit der Vereinbarung einer Unterhaltsabfindung die Privilegien des § 33 VersAusglG bestehen bleiben. Unter der Geltung des bisherigen Rechts hatte der BGH dies bejaht. Die Vorschriften über das Unterhaltsprivileg sollten Doppelbelastungen des Verpflichteten vermeiden, die sich daraus ergeben, dass ihm einerseits die Rente durch den Versorgungsausgleich gekürzt wird und er andererseits einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch zu bedienen hat. Auch durch eine Unterhaltsabfindung könne – so der BGH – eine solche Belastung entstehen.
Für das ab 1.9.2008 geltende Recht hat der BGH diese Frage in der genannten Entscheidung nicht endgültig entschieden. Denn er brauchte diese Frage gar nicht zu entscheiden, weil dem Verfahrensbevollmächtigten des Ehemanns bei der Formulierung des Vergleichs ein doppelter Fehler unterlaufen war: Zum einen war aufgrund der Formulierung des Vergleichs nicht klar, in welcher Höhe eine Unterhaltsabfindung geleistet wurde, denn die Eheleute hatten es unterlassen, hier eine Differenzierung zwischen nachehelichem Unterhalt und Zugewinnausgleich vorzunehmen. Und zum Zweiten fehlte es an der "rechnerischen Umlegung des gezahlten Unterhaltsabfindungsbetrages". Damit ist der Unterhaltszeitraum gemeint, für den die Aussetzung der Kürzung beansprucht werden könnte. Im Ergebnis also war wegen dieser Gestaltungsfehler der Weg zum Unterhaltsprivileg versagt.
Daraus sind für die Praxis drei Grundsätze abzuleiten:
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Wird für einen rentennahen Unterhaltspflichtigen der gesetzliche Unterhaltsanspruch in irgendeiner Form abgefunden, steht noch nicht fest, ob § 33 VersAusglG überhaupt auf Abfindungen anwendbar ist, wie dies bisher nach § 5 VAHRG a.F. der Fall war; auf dieses Risiko ist der Mandant hinzuweisen. |
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Ein vereinbarter Abfindungsbetrag muss auf die einzelne Folgesache aufgeteilt werden. Pauschale Abfindungen für den nachehelichen Unterhalt, den Zugewinn und sonstige Vermögensbestandteile sind zu vermeiden. Sie verwehren den Weg in die Privilegierung nach § 33 VersAusglG. |
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Die Rechtsprechung verlangt die rechnerische Umlegung des Abfindungsbetrages auf einen bestimmten Unterhaltszeitraum, um den monatlichen Kürzungsbetrag nach § 33 Abs. 1 VersAusglG ermitteln zu können. |
Eine ganz andere Frage ist, ob die Zahlung einer Abfindung als Einmalbetrag vor dem Hintergrund steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten sinnvoll ist. Hier geraten oft zwei gegensätzliche Prinzipien miteinander in Konflikt: Auf der einen Seite möchte der Unterhaltsberechtigte über den Abfindungsbetrag auf einmal verfügen, weil er Teil einer privaten Investitionsplanung ist, etwa im Zusammenhang mit der Anschaffung einer Immobilie nach der Scheidung. Auf der anderen Seite steht das Interesse des Unterhaltsverpflichteten, die Abfindung auf mehrere Jahre zu verteilen und so im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG berücksichtigt zu wissen. Dem Praktiker gelingt es nicht immer, diese widerstrebenden Wünsche unter einen Hut zu bringen. Sinnvoll ist der Mittelweg, wenigstens Teile der Abfindung auf verschiedene Veranlagungszeiträume zu verteilen, um so den Höchstbet...