Die überwiegende Zahl der Verfahren in Ehescheidungs- und Familiensachen werden in den Familiengerichten als erste Instanz durchgeführt. Diese Familiengerichte sind Teil der Zivilgerichtsbarkeit und damit auch Teil der ordentlichen Gerichtsbarkeit.

In 638 Amtsgerichten ganz unterschiedlicher Größe werden Familiensachen bearbeitet. Es gibt große und kleine Amtsgerichte, in den Großstädten, wie z.B. in Köln oder München, gibt es zahlreiche Familienrichter (über 25), die im Regelfall von einem weiteren Aufsichtsführenden Richter unter dem Amtsgerichtspräsidenten geleitet werden. In der Bundeshauptstadt Berlin sind 4 Amtsgerichte auch mit Familiensachen befasst, nämlich das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg – eines der größten Familiengerichte in Deutschland –, das Amtsgericht Pankow/Weißensee, das Amtsgericht Schöneberg und das Amtsgericht Köpenick.

Es gibt kleine Amtsgerichte, wie z.B. das Amtsgericht Rheinbach oder das Amtsgericht Waldbröl im Bezirk des Landgerichts Bonn, die lediglich 1 oder 2 Familienrichter(innen) haben. Hier konzentriert sich die gesamte Palette auf diese Familienrichter. Spezialzuständigkeiten gibt es bei den Familiengerichten am Sitz eines Oberlandesgerichts mit "Zuständigkeitskonzentration" wie z.B. in Köln für den gesamten OLG Bezirk bezogen auf Verfahren nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen und Verfahren nach den §§ 10 bis 12, 47 des internationalen Familienverfahrensrechts.[4]

Familiengerichte I. Instanz müssen die Grundlagenarbeit machen und das Massengeschäft erledigen, insbesondere die Unterhalts- und zunehmend auch Kindschaftsverfahren (Sorge- und Umgangsverfahren).

Der Gesetzgeber des Jahres 1976 hatte die Vorstellung, dass besonders qualifizierte und lebenserfahrene Richter mit dieser Aufgabe betraut werden sollten. Klar war auch, dass ein Kollegialgericht beim Amtsgericht nicht in Betracht kam. Auch die Besoldungsüberlegung, eine Anhebung als Anreiz für die zukünftige Tätigkeit, ist dann aus Gründen der finanztechnischen Ausstattung fallen gelassen worden.[5] Hier hat wohl der damalige Bundesfinanzminister ein Machtwort zulasten der neuen Richtergeneration gesprochen.

Die Präsidien haben die Aufgabe, nur besonders lebenserfahrene Richter zu finden, die in der familiengerichtlichen Abteilung arbeiten wollen. Dies ist bei einem Assessor, der von der Universität kommt und als Proberichter tätig ist, naturgemäß nicht der Fall. Deshalb hatte der Gesetzgeber 1977 vorgesehen, dass ein Richter auf Probe nicht Familienrichter sein kann. Er kann dies frühestens mit der Ernennung zum Richter auf Lebenszeit werden.

Nach der Wiedervereinigung ist dieses vernünftige Prinzip aufgegeben worden und der § 23b GVG dahingehend aufgeweicht worden, dass nur noch das erste Jahr übrig blieb, in der keine Geschäfte des Familienrichters wahrgenommen werden dürfen.[6] Dieses Gesetz aus dem Jahr 1992 ist bedauerlicherweise nach wie vor in Kraft, sodass es ausschließlich an den Präsidien hängt, ob sie einen jungen unerfahrenen Juristen zu einem Familienrichter machen.[7]

Zitat

"Akzeptanz, Verständlichkeit und Wirkung des Rechts hängen unmittelbar vom Personal ab, das dieses Recht vollzieht und somit repräsentiert. Das sind an erster Stelle die Richter".[8]

Der Blick auf die Person des/der Familienrichters(in) hat sich in den letzten Jahren verändert. Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Ausbildung der Familienrichter nicht optimal läuft. Landesjustizminister, Bundesminister der Justiz und viele Richter an herausragender Stelle haben deutlich gemacht, dass die Ausbildung verbessert werden muss, zuletzt auch Justizminister Maas[9] und die bis zum 27.6.2019 amtierende Bundesministerin Dr. Barley.

Deutscher Familiengerichtstag 2017

Isabell Götz, VRinOLG München und seit einigen Jahren Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstages (DFGT), hat bei den Familiengerichtstagen mehrfach in ihren Eröffnungsansprachen darauf hingewiesen, dass das Thema Aus- und Fortbildung von Familienrichtern ein großes Anliegen des Familiengerichtages ist. Sie hat in der Eröffnungsrede 2017 in Brühl mit Nachdruck wiederholt, dass sie eine Fortbildungsverpflichtung für Familienrichter für unerlässlich hält.

Im Arbeitskreis 22 ist dann auch das Thema der Fortbildung im Familienrecht von einem Anwalt und einem Familienrichter thematisiert worden. Hierin heißt es wörtlich:

Zitat

"Aus- und Fortbildung von Familienrichtern"

Der Arbeitskreis empfiehlt aus Anlass der Entschließung des Bundestages vom 7.7.2016 (DS 18/9092) folgende Formulierung des § 23b Abs. 3 GVG:

“Die Abteilungen für Familiensachen werden mit Familienrichtern besetzt.

Ein Richter darf erst nach den ersten drei Jahren nach seiner Ernennung Geschäfte des Familienrichters wahrnehmen.

Richter in Familiensachen sollten über belegbare Kenntnisse auf dem Gebiet des Kindschaftsrechts sowie über Grundkenntnisse der für das familiengerichtliche Verfahren notwendigen Teile des Kinder- und Jugendhilferechts und der Psychologi...

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