Im Rahmen der Eherechtsreform sah der Gesetzgeber vor, dass das Landgericht nicht mehr mit Familiensachen befasst ist und die Rechtsmittelinstanz nach dem Amtsgericht das Oberlandesgericht sein soll. In der Rückbetrachtung war die Entscheidung des Gesetzgebers bahnbrechend und im Hinblick auf eine übereinstimmende Rechtsprechungspraxis im gesamten OLG-Bezirk außerordentlich vernünftig. Im Regelfall sind die Familiensenate gemischte Senate, also gleichzeitig auch Zivilsenate.
Oberlandesgerichte sind die Beschwerdeinstanz, früher Berufungsinstanz, die auch als Tatsacheninstanz von den Parteien, allerdings vertreten durch Anwälte, angerufen werden können. Auch hier trifft die Auswahl, wer mit Familiensachen betraut wird, das Präsidium. Im Idealfall hat der Richter am OLG schon Erfahrung in I. Instanz als Familienrichter gemacht. Es gibt allerdings in allen Oberlandgerichtsgerichtsbezirken Fälle, in denen der Familiensenat, vor allem auch der Vorsitz, als Durchgangsstation gesehen wird für ein völlig anderes Rechtsgebiet. Dies ist wenig erfreulich.
Fest steht allerdings auch, dass die Eingangszahlen durchweg zurückgehen, sodass bei den 24 Oberlandesgerichten der Bundesrepublik die Zahl der Familiensenate zurückgeht. Dies hängt damit zusammen, dass offenbar die Eingangszahlen für Familiensachen auch zurückgehen. So sind beim OLG Köln statt 8 nur noch 6 Familiensenate vorhanden; beim OLG Hamm 11 Senate statt früher 13 und in Niedersachsen beim OLG Celle z.B. statt 8 nur noch 6 Senate.
Was die Auswahl der Besetzung beim OLG anbelangt, hat die Kinderrechtekommission des DFGT auch für die II. Instanz klare Vorgaben gemacht, die nur unterstützt werden können.
Der Arbeitskreis 22 hatte Folgendes empfohlen:
Zitat
"… in der Rechtsmittelinstanz, in Familiensachen, insbesondere auch die Tätigkeit als Vorsitzender eines Familiensenats, ist von einer mehrjährigen Tätigkeit als Familienrichter abhängig zu machen." [Im Klartext: auch als Familienrichter I. Instanz – Anm. d. Verf.].
Der DFGT schlägt eine Erweiterung des § 119 GVG vor, wonach Aufgaben einem(er) Richter(in) ohne mehrjährige Erfahrung als Familienrichter eines Beisitzers im Familiensenat nicht übertragen werden dürfen. Dies gilt in erster Linie natürlich für die Beförderung in das Amt des Vorsitzenden (vgl. § 21f GVG). Hier müsste die Zuweisung entsprechender Geschäfte durch das Präsidium gelten.
Es ist unbestreitbar, dass die Vorsitzenden der Familiensenate die ranghöchsten Familienrichter(innen) eines Bundeslandes sind. Sie sollen die Qualität und die Einheitlichkeit der Rechtsprechung des Spruchkörpers in besonderem Maße gewährleisten und in der Lage sein, auf die Rechtsprechung des Senats richtungweisenden Einfluss zu nehmen. Unstreitig dürfte sein, dass eine umfassende Kenntnis der Rechtslage und der Entwicklung in der Rechtsprechung sowie ein Basiswissen in den angrenzenden außerjuristischen Bereichen notwendig sind. Eine Besetzung mit einem Bewerber bzw. einer Bewerberin ohne Kenntnisse im Familienrecht ist ausgeschlossen.
Die Politik hat insbesondere auf die Probleme der Familiengerichte I. und II. Instanz im Zusammenhang mit dem Staufener Missbrauchsfall reagiert und endlich das Thema Qualifizierung der Familienrichter nach vorne gezogen. Auch wenn die derzeitige Diskussion überwiegend über den mangelnden Kinderschutz geführt wird, ist natürlich festzuhalten, dass die Arbeit von Familienrichtern(innen) umfassender ist als nur bezogen auf die Kindschaftsverfahren und in diesem Kontext auch noch die Kinderschutzverfahren. Dies ist ein Bruchteil der Tätigkeiten eines Familienrichters/einer Familienrichterin. Die Fortbildung ist bezogen auf alle Rechtsgebiete unabdingbar, insbesondere auch auf die Kernkompetenz in Unterhaltsverfahren, Zugewinnausgleichsverfahren, neuerdings auch verstärkt Abstammungsrechtsprobleme und nicht zu vergessen internationale Verflechtungen, die bei gemischt-nationalen Ehen auftauchen.