Ratgeber für Rechtsgutachten argumentieren juristisch einwandfrei, wenn sie im konkreten Fall nach sorgfältiger Aufklärung des Sachverhalts diesen unter das infrage kommende Gesetz subsumieren, danach den schlüssigen und erheblichen Vortrag der Beteiligten im Hinblick auf jedes einzelne Tatbestandsmerkmal der Norm(en) prüfen und (evtl.) auch entstehende Rechtsfolgen abwägen.
Im Fall des Umgangsrechts eines Vergewaltigers hat das DIJuF zutreffend die §§ 1626 Abs. 3 S. 1, 1684 Abs. 1 BGB in Betracht gezogen. Diesen Bestimmungen liegt ein Dreiecksverhältnis zwischen mehreren Beteiligten zugrunde: Mutter, nichtehelicher Vater und Kind. Mit Rücksicht hierauf werden die Rechtspositionen dieser Personen im Folgenden geprüft.
1. Die Rechtsposition des nichtehelichen Vaters
Der Vergewaltiger ist Ausländer. Auch ihm steht ein Umgangsrecht zu. Sein Umgangsrecht darf durch ausländerrechtliche Maßnahmen nicht vereitelt werden. Denn nach Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG, wonach der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, hat die Ausländerbehörde die bestehende familiäre Bindung des Ausländers zu seinem Kind stets zu berücksichtigen. Aufgrund dieser Rechtsposition wird der Vergewaltiger alle rechtlich möglichen Schritte unternehmen, damit diese Schutzgarantie auch für ihn greift.
Bezogen auf den juristischen Eingangsfall herrscht wahrscheinlich Übereinstimmung dahingehend, dass der Vergewaltiger rechtlich keine Bevorzugung verdienen darf. Denn seine abscheuliche Tat hat erst die zivilrechtlichen Folgen hervorgebracht. Ohne diese Tat wäre es nicht zur Vaterschaftsfeststellung und anschließend zur Anregung des Umgangsrechts gekommen.
Um unerträgliche Folgewirkungen zu vermeiden, gibt es in den USA den sog. Rape Survivor Child Custody Act. Es handelt sich hierbei um ein Vergewaltigungskindergesetz der Obama-Regierung aus dem Jahr 2015. Dieses Gesetz enthält bislang noch keine Bestimmung, wonach der Täter bei einer Vergewaltigung mit Schwangerschaftsfolge automatisch seine Vaterschaftsrechte verliert. Es besteht aber durchaus die Möglichkeit, dass es zu einer derartigen Regelung kommt. Auch in der Bundesrepublik Deutschland gibt es kein Gesetz, wonach der Täter bei einer Vergewaltigung mit Schwangerschaftsfolge automatisch seine Vaterschaftsrechte verliert. Maßgebend ist hier stets die Prüfung des Kindeswohls.
2. Die Rechtsposition der Mutter
Das Rechtsgutachten sagt lediglich, dass die Mutter mit der Belastung nicht fertig wird, wenn dem Vergewaltiger ein regelmäßiges Besuchsrecht eingeräumt werden sollte. Auf diesen Einwand wird aber nicht näher eingegangen. Deshalb sind hierzu einige Anmerkungen erforderlich.
Jede Vergewaltigte hat nach der Tat eine Vielzahl von Belastungen auszustehen. Zunächst kann die Tat – wenn auch nicht in jedem Fall – bei ihr ein psychisches Trauma auslösen. Dieses kann zu Reizüberflutungen, die sich beispielsweise in Irritationen, Lähmungen, Panikattacken äußern, oder sogar zu suizidalem Verhalten führen. Bei dem Vergewaltigungsopfer können zudem posttraumatische Belastungsstörungen wie z.B. Angst- und Schlafstörungen im Sinne des DSM-5 eintreten.
Dieser Zustand kann gegeben sein, wenn die Vergewaltigte Strafanzeige gegen den Täter erstattet. Im Gerichtsverfahren sitzt sie dann ihrem Peiniger gegenüber. Oftmals behauptet der Täter in dem Verfahren, dass der Geschlechtsverkehr einvernehmlich stattgefunden hat. Posttraumatische Störungen können bei dem Vergewaltigungsopfer aber auch dann auftreten, wenn sie gewollt schwanger wird. Es besteht die Möglichkeit eines sog. flashback. Dadurch wird die Frau erheblich psychisch belastet. Das Erleiden sexualisierter Gewalt kann schließlich noch auch Auswirkungen auf den Geburtsvorgang selbst haben. Denn die Gebärende kann sich zum Schaden des Neugeborenen verkrampfen.
3. Die Rechtsposition des Kindes
Juristisch dient der Umgang des Kindes mit den Eltern dem Kindeswohl. Das sehen Art. 6 GG und §§ 1626 Abs. 3, 1684 BGB vor. Psychologisch stellt sich die Umgangsfrage bei einem durch Vergewaltigung gezeugten Kind schwierig dar. Denn das nichteheliche Kind hat unmittelbar nach seiner Geburt noch keinen Kontakt mit seinem potentiellen Vater. Das gerichtliche Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft nach § 1600d BGB muss unter Einbeziehung eines Sachverständigengutachtens erst bestandskräftig abgeschlossen sein. Erst ab diesem Zeitpunkt können grundsätzlich Rechtswirkungen der Vaterschaft geltend gemacht werden, § 1600d Abs. 4 BGB. Das hat zur Folge, dass nach der Geburt des Kindes mehrere Monate vergehen, ehe überhaupt ein Umgang stattfinden kann.
Da die Mutt...