1. Stellung eines VKH-Antrages
Grundsätzlich ist es in Rechtsmittelverfahren möglich, nicht sofort das jeweilige Rechtsmittel einzulegen, sondern zunächst Verfahrenskostenhilfe für das beabsichtigte Rechtsmittel zu beantragen.
Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Formulierung des VKH-Antrages gerichtet werden. Der Eindruck einer bedingten und deshalb unzulässigen Beschwerdeeinlegung muss unbedingt vermieden werden. Eine unzulässige Beschwerde liegt vor, wenn mit der Beschwerde gleichzeitig beim Familiengericht ein Schriftsatz eingeht mit der Erklärung, die Beschwerde werde nur für den Fall der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe eingelegt. Reicht der Beschwerdeführer einen VKH-Antrag verbunden mit einem Schriftsatz ein, der die formalen Anforderungen an eine Beschwerdeschrift erfüllt, ist dies nach der Rechtsprechung des BGH regelmäßig als unbedingt eingelegtes Rechtsmittel zu behandeln. Die Auslegung als Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kommt nur in Betracht, wenn sich dies aus dem Schriftsatz selbst oder den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Im Zweifel ist von einer unbedingten Beschwerdeeinlegung auszugehen. Eine zweifelsfreie Erklärung kann z.B. darin gesehen werden, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Beschwerdebegründung" oder als "Begründung zunächst nur des VKH-Gesuchs" bezeichnet wird. Es ist also von essentieller Bedeutung, dass eindeutige verfahrensrechtliche Erklärungen abgegeben werden.
Bewährt hat sich in der Praxis die Verfahrensweise, ausdrücklich einen "Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde" verbunden mit einem nicht unterschriebenen "Entwurf einer Beschwerdeschrift" beim Familiengericht einzureichen.
2. Darlegung der Bedürftigkeit
Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe muss innerhalb der Beschwerdefrist ordnungsgemäß und vollständig gestellt werden. Insbesondere die wirtschaftlichen Voraussetzungen müssen innerhalb der Frist durch einen vollständig ausgefüllten Antrag nebst Anlagen dargetan werden. Bei der Übermittlung des Verfahrenskostenhilfeantrages per Fax sind sämtliche Belege sowie der Vordruck mit zu übermitteln. Ein darauf bezogenes Verschulden der anwaltlichen Vertretung muss sich der Beschwerdeführer nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Bei anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten darf das Gericht den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe erst dann wegen der unterlassenen Einreichung des in § 113 Abs. 1 S. 2 bzw. §§ 76 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 4 ZPO vorgeschriebenen Vordrucks ablehnen, wenn der Beteiligte zuvor auf die Unvollständigkeit seines Antrages hingewiesen worden ist und ihm eine Frist gesetzt wurde, innerhalb derer er den Vordruck einreichen kann. Die Notwendigkeit der vollständigen Ausfüllung des VKH – Formulars entfällt nicht gemäß § 2 Abs. 2 PKHFV beim Bezug von Leistungen nach dem SGB II; denn die dortige Privilegierung gilt dem Wortlaut nach nur beim Bezug von Leistungen nach dem SGB XII. Die Formblätter gemäß §§ 113 Abs. 1 S. 2 bzw. 76 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 2, 3 ZPO sind fristgerecht mit allen Belegen einzureichen. Die Bezugnahme auf die Vordrucke der ersten Instanz genügt, wenn unmissverständlich mitgeteilt wird, dass seitdem keine Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten sind. Es ist entscheidend, dass die erstinstanzliche Erklärung vollständig war. Ob Lücken in den Belegen oder im Formular unschädlich sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn die Lücken ohne weiteres mit bereits vorhandenen Unterlagen geschlossen werden können. Eine vollständige Versagung von Verfahrenskostenhilfe ist nur zulässig, wenn die erforderlichen Angaben und Unterlagen ganz fehlen oder so unvollständig sind, dass eine Ermittlung des Einkommens und Vermögens nicht möglich ist. Ansonsten werden nur einzelne Abzugspositionen nicht berücksichtigt.
Eine Wiedereinsetzung ist nur möglich, wenn der Antragsteller vernünftigerweise annehmen durfte, dass er bedürftig im Sinne der Vorschriften über die Verfahrenskostenhilfe ist. Daran fehlt es bei unvollständigen oder irreführenden Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Auch wenn dem Antragsteller aus einem vorangegangenen gerichtlichen Hinweis oder einer gerichtlichen Entscheidung bekannt ist, dass das Rechtsmittelgericht seine Angaben für nicht ausreichend hält, fehlt es an einem schutzwürdigen Vertrauen. Nicht rechnen muss der Antragsteller damit, dass das Beschwerdegericht strengere Voraussetzungen an die Bedürftigkeitsprüfung stellt als das Familiengericht. Haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen den Instanzen geände...