Auch wenn eine objektive Antragshäufung und ein Widerantrag unzulässig sind, kann grundsätzlich vor dem Familiengericht mit einer Gegenforderung aufgerechnet werden, die vor dem Prozessgericht einzuklagen wäre.

Bei Aufrechnung gegen einen Anspruch auf Unterhalt sind jedoch die Grenzen der §§ 394 BGB und § 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu beachten.[29]

Die in einem familiengerichtlichen Verfahren, etwa in einer sonstigen Familiensache, erklärte Aufrechnung mit einer nichtfamilienrechtlichen Gegenforderung ist zulässig und ändert nichts an der Einordnung des Verfahrens als Familiensache. Das Familiengericht kann über die zur Aufrechnung gestellte nichtfamilienrechtliche Gegenforderung selbst entscheiden oder nach § 148 ZPO (Aussetzung) vorgehen.

Umgekehrt kann auch das Prozessgericht über die Aufrechnung mit einem Anspruch aus einer Familiensache entscheiden, denn die Prozessaufrechnung macht die Gegenforderung nicht rechtshängig.

Allerdings kann das Gericht den Rechtsstreit – ggf. nach Erlass eines Vorbehaltsurteils (§ 302 Abs. 1 ZPO) – aussetzen (§ 148 ZPO bzw. § 21 FamFG) und dem Antragsgegner Gelegenheit geben, innerhalb einer bestimmten Frist, nach deren Ablauf das Verteidigungsmittel als verspätet zurückzuweisen ist, eine rechtskräftige Entscheidung über die Gegenforderung herbeizuführen.

In Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (z.B. Ehewohnungs- und Haushaltssachen) wird die Geltendmachung von unter § 266 Abs. 1 FamFG fallenden Ansprüchen, mithin Ansprüchen aus sonstigen Familiensachen, im Wege der Aufrechnung abgelehnt.[30]

Das OLG Brandenburg hat auch umgekehrt in einer Familienstreitsache nach § 266 Abs. 1 FamFG (sonstige Familiensache) die Aufrechnung mit einem in einer Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend zu machenden Anspruch (hier: Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Zeit der Trennung) abgelehnt und einen Vorbehaltsbeschluss erlassen.[31]

Autor: Dr. Regina Bömelburg, Vorsitzende Richterin am OLG, Köln

FF 10/2021, S. 384 - 391

[29] Zum Ganzen vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 6 Rn 300 ff. Zur Vorgehensweise siehe Rn 313.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge