Ein Gerechtigkeitsdefizit tritt in Fällen auf, in denen der ein gemeinsames Kind betreuende Elternteil für dessen vollen Unterhalt aufkommen musste, weil der diesem Kind barunterhaltspflichtige Elternteil seiner Barunterhaltsverpflichtung nicht oder nur teilweise nachgekommen ist und diese Zahlungsverpflichtung wegen Obhutswechsels des minderjährigen Kindes oder wegen Eintritts der Volljährigkeit nicht mehr realisiert werden kann. In diesen Fällen kann der bislang betreuende Elternteil durch den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch einen wirtschaftlichen Ausgleich seiner Baraufwendungen erlangen.
Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch ist Anspruchsgrundlage in den Fällen, in denen ein Elternteil für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufgekommen ist und dadurch dessen Unterhaltsanspruch erfüllt hat, obwohl (auch) der andere Elternteil ganz oder teilweise unterhaltspflichtig war. Der Anspruch beruht auf der Unterhaltspflicht beider Eltern gegenüber ihrem Kind und ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Unterhaltslast im Verhältnis zwischen ihnen nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB entsprechend ihrem Leistungsvermögen gerecht zu verteilen.
Verfahrensrechtlich kann der familienrechtliche Ausgleichsanspruch – nach einem Obhutswechsel oder nach Eintritt der Volljährigkeit – vom bislang betreuenden Elternteil als eine eigene Forderung im Wege der Antragserweiterung in dem bislang zum Kindesunterhalt anhängigen Verfahren geltend gemacht werden. Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch steht nicht in Anspruchskonkurrenz zu den Unterhaltsansprüchen der Kinder. Der Anspruch auf Kindesunterhalt und der familienrechtliche Ausgleichsanspruch stehen nicht nebeneinander, sondern in einem Alternativverhältnis, weil der familienrechtliche Ausgleichsanspruch nur entsteht, wenn der Unterhaltsanspruch erfüllt worden ist oder alternativ allein der Unterhaltsanspruch fortbesteht.
Die Zulässigkeit einer solchen nachträglichen Antragshäufung ist nach § 113 Abs. 1 FamFG, § 263 ZPO zu beurteilen. Problemlos ist dies bei rügeloser Einlassung im Sinne von § 267 ZPO. Die Antragshäufung kann ferner auch als sachdienlich bewertet zulässig sein. So kann es liegen, wenn schützenswerte Kindesinteressen nicht berührt werden und der familienrechtliche Ausgleichsanspruch keine Berücksichtigung von Sach- und Streitstoff erfordert, der über den für die Unterhaltsansprüche maßgeblichen hinausgeht.