1. Unterhalt in gestuften Ausbildungsgängen
Beim Ausbildungsunterhalt eines volljährigen Kindes führt der jeweilige Fortgang der Ausbildung häufig zu der Fragestellung, ob das Kind sich noch in "einer" Ausbildung i.S.d. § 1610 Abs. 2 BGB befindet. Die Eltern schulden nämlich ihrem Kind Unterhalt nur für eine Berufsausbildung. Gestufte Ausbildungsgänge werfen im Einzelfall Probleme auf. Neben die sog. Abitur-Lehre-Studium Fälle treten Ausbildungsabläufe, in denen nach einem Realschulabschluss zunächst eine Lehre, dann die Fachoberschule und später die Fachhochschule absolviert wird ("Realschul-Lehre-Fachoberschule-Fachhochschul-Fälle"). In diesen Fällen ist jedenfalls dann von einer einheitlichen, von den Eltern zu finanzierenden Berufsausbildung auszugehen, wenn schon bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich des späteren Studiums angestrebt wurde. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den einzelnen Ausbildungsstufen erfordert zwar, dass der Auszubildende nach dem Abschluss einer Ausbildungsstufe die nächste Ausbildungsstufe mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt. Der enge zeitliche Zusammenhang kann aber auch dann gewahrt sein, wenn die Zeit zwischen zwei Ausbildungsstufen auf zwangsläufige, dem Kind nicht anzulastende Umstände zurückzuführen ist, zum Beispiel auf Entwicklungsstörungen infolge von familiären Schwierigkeiten oder bei leichterem, nur vorübergehendem Versagen des Kindes.
Da es zur Darlegungs- und Beweislast des Ausbildungsunterhalt fordernden Kindes gehört, sich in einer unterhaltsrechtlich zu finanzierenden Ausbildung zu befinden, bedarf es zur Vermeidung eines Rechtsverlustes stets umfassenden Vortrags zur Gestaltung des Ausbildungsweges.
2. Verwirkung des Ausbildungsunterhalts
Die – nachhaltige – Verletzung unterhaltsrechtlicher Ausbildungsobliegenheiten kann den Verlust des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt auf der anspruchsbegründen Ebene nach sich ziehen. Ein Verhalten des in der Ausbildung befindlichen volljährigen Kindes, das die wirtschaftlichen Interessen des Unterhaltspflichtigen völlig außer Acht lässt, kann zur Verwirkung des Unterhaltsrechts nach § 1611 Abs. 1 BGB führen. So kann das Unterlassen der Mitteilung eines Schulabbruchs eines Volljährigen gegenüber dem unterhaltsverpflichteten Elternteil eine vorsätzliche schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 BGB darstellen, dies indes nur dann, wenn dieses Unterlassen den Unterhaltsverpflichteten dazu veranlasst hat, den zuvor gezahlten Unterhalt weiterhin an das Kind zu zahlen, obwohl er dazu nicht mehr verpflichtet war, und das Kind davon ausgehen musste, der Unterhaltspflichtige hätte zu Recht seine weiteren Zahlungen eingestellt, wenn er rechtzeitig über den Schulabbruch in Kenntnis gesetzt worden wäre.