Nach der gesetzlichen Regelung in § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB hat bei zwei unterhaltspflichtigen Eltern derjenige Elternteil, der die alleinige Betreuung übernimmt, grundsätzlich seinen Teil der Unterhaltspflicht erfüllt und schuldet daneben keinen weiteren Barunterhalt. Daraus folgt, dass die Betreuungsleistung für das Kind mit dem Barunterhalt gleichwertig ist. Bei der Bemessung nachrangiger Unterhaltspflichten ist allerdings zu beachten, dass der Betreuungsunterhalt nicht in monetärer Form geschuldet und deswegen bei der Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens des betreuenden Elternteils nicht zu berücksichtigen ist. Nur dann, wenn für die Betreuung Geldleistungen an Dritte geschuldet sind, beeinflussen diese ein unterhaltsrelevantes Einkommen des betreuenden Elternteils.
Neben dem Bedarf auf Betreuung und auf Barunterhalt steht dem Kind unter besonderen Voraussetzungen ein zusätzlicher Unterhaltsanspruch für einen unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Sonderbedarf nach § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB oder als regelmäßiger Mehrbedarf zu. Sind für die Betreuung des Kindes Beiträge für Kinderkrippen, Kindergarten, Kindertagesstätten oder Horte sowie Kosten für Förderunterricht, für besondere Förderung bei künstlerischem Talent oder für die Förderung in einer entsprechenden privaten Einrichtungen zu zahlen, handelt es sich dabei um Mehrbedarf, für den grundsätzlich beide Eltern nach Ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen einzustehen haben (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB); dann könne die Eltern den jeweils von ihnen geschuldeten Anteil bei der Bemessung nachrangiger Unterhaltsansprüche absetzen.
Das Maß des den Kindern geschuldeten Barunterhalts richtet sich als Verwandtenunterhalt gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des bedürftigen Kindes. Allerdings haben Kinder bis zum Abschluss einer Ausbildung regelmäßig noch keine eigene, sondern lediglich eine von ihren Eltern abgeleitete Lebensstellung. Bei sehr beengten Lebensverhältnissen ist jedoch seit Januar 2008 der in § 1612a BGB geregelte Mindestunterhalt zu beachten.
a) Abgeleitete Lebensstellung
Minderjährige Kinder leiten ihren Unterhaltsbedarf regelmäßig von ihren Eltern ab, weil sie bis zum Abschluss einer Ausbildung noch keine eigene Lebensstellung erreicht haben. Diese Lebensstellung des Kindes wurde in der Vergangenheit mit der Unterhaltspflicht des allein barunterhaltspflichtigen Elternteils gleichgesetzt, weil dieser lediglich Unterhalt auf der Grundlage seines unterhaltsrelevanten Einkommens schuldet. Von dieser verkürzten Betrachtungsweise hat der BGH inzwischen Abstand genommen und in seiner neueren Rechtsprechung wiederholt darauf hingewiesen, dass die minderjährigen Kinder ihre für den Unterhaltsbedarf relevante Lebensstellung grundsätzlich von beiden unterhaltspflichtigen Eltern ableiten. Der aktuelle Referentenentwurf für eine weitere Reform des Unterhaltsrechts sieht vor, diese Rechtsprechung des BGH ausdrücklich in das Gesetz zu übernehmen.
Das Kind leitet seinen Bedarf von den Eltern auch dann ab, wenn es mit diesen nicht zusammengelebt hat. Eine vorausgegangene Gewöhnung des Kindes an den Lebensstandard ist also nicht erforderlich. Dementsprechend ist ein Kind auch nicht gehindert, nach Trennung der Eltern einen altersbedingt erhöhten Bedarf oder mit zunehmendem Alter erstmals entstandene Bedarfspositionen geltend zu machen. Ebenso nimmt das Kind – anders als nach dem Stichtag für den Ehegattenunterhalt der geschiedene Ehegatte – an einem späteren Karrieresprung des Unterhaltspflichtigen teil und profitiert vom Splittingvorteil aus einer von diesem geschlossenen neuen Ehe. Dass das Kind an dem durch das Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils geprägten Lebensstandard nicht tatsächlich teilgenommen haben muss, wird schließli...