Zur Vermeidung von Wiederholungen möchte ich mich zunächst auf meinen Beitrag im FF 2021, 487 beziehen.
Die Veränderung der allgemeinen Marktlage ist nicht die einzige Ursache einer Wertsteigerung. Das Objekt muss selbst dafür geeignet sein, muss alle Voraussetzungen erfüllen, welche die neue Marktlage erfordert. Ohne die Zuwendung ist die Werterhöhung beim Empfänger nicht möglich, sie ist nicht denkbar. Also ist die Möglichkeit zur Werterhöhung zwingend Teil der Zuwendung.
Außerdem ist dem Zuwendenden nur schwer vermittelbar, weshalb er einerseits inzwischen beim Empfänger eingetretene Wertverluste tragen muss, weil sie seinen Ausgleichsanspruch mindern (die Zuwendung muss am "Endstichtag" noch vorhanden sein) – ein unter Billigkeitsgesichtspunkten nachvollziehbarer Aspekt –, andererseits aber soll zusehen müssen, wie der Empfänger genau diejenigen Wertsteigerungen behält, die der Zuwendende heute selbst hätte, wäre es nicht zur Zuwendung gekommen, um deren Billigkeitsausgleich es geht.
Sowohl die hier besprochene Entscheidung des OLG Brandenburg als auch Wever – der allerdings die aus seiner Sicht abweichende Auffassung des Verfassers zitiert – kommen vom Sachverhalt ohne weitere Prüfungsschritte unmittelbar auf das für einen Ausgleich erforderliche, von ihnen aber als nicht erfüllte angenommene Unbilligkeitskriterium des § 313 BGB zu sprechen: Wenn durch die Zuwendung eine Werterhöhung des Zuwendungsgegenstandes verursacht wurde, sei deren Ausgleich unbillig (nur der Ausgleich des "eigentlichen" Zuwendungsgegenstandes nicht).
Beide setzen sich mit den Tatsachen der Wertfrage nicht substanziell auseinander. Das OLG Brandenburg bezieht sich – ohne eigene substanzielle Begründung – nur auf die BGH-Rechtsprechung, welche, wie oben nachgewiesen, mit Sicherheit nicht einschlägig ist. Eine substanzielle Begründung der angenommenen Unbilligkeit des Werterhöhungsausgleichs fehlt bei Beiden.
Im Folgenden soll nochmals dargelegt werden, ob und ggf. welcher Zusammenhang zwischen einer Sache und ihrem Wert besteht, um abzuleiten, was sich bei einer Zuwendung/Schenkung tatsächlich ereignet. Hierbei soll zuerst auf die denkgesetzlichen Zusammenhänge eingegangen werden, weil ohne deren Erkenntniskeine sicheren Pauschalschlüsse auf das Tatbestandsmerkmal der Billigkeit möglich sind.
Es muss zwischen folgenden Tatsachen unterschieden, diese müssen abgeschichtet werden:
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die innere Eigenschaft einer Sache, einen Wert zu haben zu können (Potenz) und in der Folge der Eigenschaft, dass dieser Wert eintreten bzw. eine Veränderung erfahren kann, |
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der spätere tatsächliche Eintritt eines Wertes bzw. einer Wertveränderung (Aktuierung der Potenz): ist dieser bereits Teil der Zuwendung oder später autonom entstanden? |
Erst auf dieser Grundlage kann – und muss – sukzessive geprüft und entschieden werden:
1. Was ist zugewendet worden?
2. Ist der Ausgleich dieser Zuwendung unbillig und falls ja weshalb (genau)?
Beispiel:
A ist Eigentumer eines Ackers. Unabhängig davon, wie wahrscheinlich das ist, besteht die Möglichkeit, dass er zu Bauland wird. Diese Möglichkeit ist Teil der Substanz des Ackers, kein Akzidens, sie gehört zu dem, was ihn ausmacht. Sie ist untrennbar mit ihm verbunden.
Solange A den Acker behält, behält er auch die Möglichkeit von dessen Wertsteigerung.
A veräußert den Acker an B. Damit erhält B auch die Möglichkeit der Steigerung seines Wertes.
Es ist also nicht so, dass, wenn sich nach Erhalt der Sache eine Werterhöhung einstellt, der Geber damit überhaupt nichts zu tun hätte. Vielmehr hat der Empfänger, ganz gleich aufgrund welchen Kausalgeschäfts, bereits mit der Sache selbst dinglich auch die Möglichkeit der Werterhöhung erhalten. Diese ex-post-Betrachtung greift also bei der späteren Frage, was zugewendet wurde, obwohl ursprünglich keiner wusste, ob eine Werterhöhung überhaupt eintreten würde. Was man wusste: die Möglichkeit dazu bestand.
Damit ist klar: Im Fall einer früheren Zuwendung oder Schenkung mit späterer Werterhöhung ist auch die Wertdifferenz zugewendet/geschenkt.
Somit ist nur noch zu prüfen, ob deren Ausgleich aus Billigkeitsgründen grundsätzlich nicht erfolgt. Es wurde aufgezeigt, dass die bislang dafür vorgetragenen Begründungstatsachen nicht einschlägig sind. Weitere wurden nicht genannt.
Das hat mit der Frage, ob im Einzelfall aufgrund von Sonderumständen anders abzuzwägen ist, nichts zu tun.