1. Der Tatbestand und die Entscheidung des Verfahrens des Oberlandesgerichts Brandenburg
Die Schwiegermutter hatte dem Schwiegersohn – dessen Ehe mit der Tochter der Schwiegermutter später scheiterte – den Erwerb von Grundbesitz finanziert. Nach der Schenkung – bis zum Ehescheitern – stieg der Wert der Immobilie, wohl aufgrund der allgemeinen Preisentwicklung.
Das Oberlandesgericht ließ bei seiner Entscheidung die Wertsteigerung unberücksichtigt und lehnte einen diesbezüglichen Ausgleichsanspruch ab: "Ausgangspunkt für die Bemessung der Höhe der Ausgangsanspruchs ist der Wert der Zuwendung im Zeitpunkt der Zuwendung. Etwaige Wertsteigerungen … sind nicht zu berücksichtigen; diese kommen dem Zuwendungsempfänger zugute (BGH, Urt. v. 7.9.2005 – XII ZR 316/02, FamRZ 2006, 394 …".
2. Mögliche Ursachen für Wertsteigerungen
Möglichkeit 1: Die Wertsteigerung wurde vom Zuwendenden generiert. Beispiel: M überträgt F ein Haus. Zu einem späteren Zeitpunkt finanziert er ihr einen Anbau. Der Gesamtwert steigt um 100000EUR.
Lösung: Es handelt sich um eine weitere Zuwendung. Mehrere Zuwendungen werden nicht als Gesamtleistung behandelt. Die Zuwendungen werden separat ausgeglichen. Jede einzelne ist darzulegen und zu beweisen.
Möglichkeit 2: Die Wertsteigerung wurde vom Zuwendungsempfänger generiert. Beispiel: M überträgt F ein Haus. Zu einem späteren Zeitpunkt errichtet F auf eigene Kosten einen Anbau. Der Gesamtwert steigt um 100000EUR.
Lösung: Es fehlt bereits an einer Zuwendung des M an F.
Variante: F errichtet den Anbau in dilettantischer Eigenleistung. Der Wert steigt nicht.
Lösung: Auch hier fehlt es an einer Zuwendung des M. Wenn M das Objekt dinglich zurückfordert fragt sich, ob F ihr wirtschaftlich wertloses Engagement geltend machen kann.
Möglichkeit 3: Die Wertsteigerung wurde weder vom Zuwendenden noch vom Zuwendungsempfänger generiert. Beispiel: Zugewendetes Ackerland wird zu Bauland. Muss F nur den Wert des Objekts zum Zeitpunkt der Zuwendung ausgleichen (Preis Ackerland) oder muss der Ausgleich aufgrund des aktuellen Wertes (Bauland) erfolgen?
▪ |
Die Möglichkeiten 1und 2 sind unproblematisch. |
▪ |
Zur Lösung der Konstellation nach Möglichkeit 3 werden unterschiedliche Auffassungen vertreten: |
3. Die in der Rechtsprechung vertretenen Auffassungen
Die Begründung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg erschöpft sich (neben der Zitierung von Literaturmeinungen) ohne eigene Sachbegründung im Bezug auf die Entscheidung BGH FamRZ 2006, 394.
Diese Entscheidung betrifft außerdem nicht den Regelfall des schuldrechtlichen finanziellen Ausgleichs, sondern den Ausnahmefall der dinglichen Rückgewähr mit gegenläufigem finanziellem Ausgleich (Zug um Zug), und außerdem eindeutig nicht Möglichkeit 3, sondern Möglichkeit 2: "In diesem Falle erschöpft sich die vom Zuwendungsempfänger nach Billigkeit geschuldete Ausgleichszahlung jedenfalls in dem Wert der Zuwendung, soweit dieser nicht bereits durch Leistungen aufgewogen wird, die der Zuwendungsempfänger im Hinblick auf die Zuwendung an den Zuwendenden erbracht hat; Wertsteigerungen, die der zugewandte Gegenstand nach der Zuwendung erfahren hat, verbleiben ebenso wie der zugewandte Gegenstand selbst grundsätzlich dem Zuwendungsempfänger (vgl. bereits Senatsurteil v. 28.10.1998, a.a.O., S. 365). Hat – wie hier – der Zuwendungsempfänger den Zuwendungsgegenstand in Natur zurückzugewähren, gelten diese Grundsätze entsprechend: Der Zuwendende hat dem Zuwendungsempfänger – Zug um Zug gegen Rückgewähr – grundsätzlich diejenigen Leistungen auszugleichen, die dieser mit Rücksicht auf die Zuwendung erbracht hat und für deren Erbringung ebenfalls die Geschäftsgrundlage entfallen ist. Bei der Bemessung des Wertes dieser Leistungen ist nicht von den im Zeitpunkt der Leistungserbringung maßgebenden Nominalwerten auszugehen; vielmehr ist der Zeitwert dieser Leistungen in dem Verhältnis anzuheben, um den auch der Wert des in Natur zurückzugewährenden Zuwendungsgegenstandes in der Zeit zwischen der Leistungserbringung und dem Wegfall der Geschäftsgrundlage der Zuwendung gestiegen ist; denn in diesem Verhältnis gebührt die Wertsteigerung des Zuwendungsgegenstandes dem zur Rückgewähr in Natur verpflichteten Zuwendungsempfänger."
Der Bundesgerichtshof stellt hier – im Gegenteil – die Wertsteigerungen mit der Zuwendung ausdrücklich gleich: sie "verbleiben ebenso wie der zugewandte Gegenstand selbst grundsätzlich dem Zuwendungsempfänger". Damit wird lediglich, wenngleich eindeutig, ausgedrückt, dass der Grundsatz "Ausgleich vor Rückgabe" auch für die Wertsteigerung gilt. Ferner wird hier – denknotwendig – ausgedrückt, dass, wenn im Regelfall eine dingliche Rückgewähr ausgeschlossen und nur ein schuldrechtlicher finanzieller Ausgleich möglich ist, der Grundsatz auch die Wertsteigerung umfasst. Die Wertsteigerung ist kein selbstständiges Seiendes, das dinglich zurückgegeben werden könnte, während der Zuwendungsgegenstand dinglich beim Empfänger verbliebe.
Der Bundesgerichtshof bezieht sich auf seine Entscheidungen BGH FamRZ 1...