1.1 BGH, Beschl. v. 3.7.2024 – XII ZB 506/22
a) Ein Anrecht, das nicht in die Ausgangsentscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen war, bleibt im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nach § 51 VersAusglG grundsätzlich auch dann außer Betracht, wenn es zum Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung noch nicht existent war und erst später durch eine Rechtsänderung entstanden ist (Fortführung des Senatsbeschl. v. 1.3.2023 – XII ZB 444/22, FamRZ 2023, 764).
b) Ein erst nach der Ausgangsentscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich entstandenes Anrecht stellt regelmäßig ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht im Sinne des § 20 Abs. 1 VersAusglG dar und steht daher einem Wertausgleich nach der Scheidung gemäß §§ 20 ff. VersAusglG offen.
1.2 BGH, Beschl. v. 19.6.2024 – XII ZB 456/23
Wird ein nicht durch das Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz geschütztes Altersvorsorgekapital nach Kündigung des Vertrages während der Ehezeit auf einen anderen Altersvorsorgevertrag übertragen, handelt es sich versorgungsausgleichsrechtlich regelmäßig nicht um ein einheitliches Anrecht, das nur hinsichtlich des ehezeitlich gebildeten Kapitals auszugleichen wäre (Abgrenzung zu Senatsbeschl. v. 8.8.2018 – XII ZB 25/18, FamRZ 2018, 1741).
1.3 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.7.2024 – 2 UF 44/24
Das Absehen vom Ausgleich von beiderseitigen Anrechten bei der gesetzlichen Rentenversicherung stellt bei einem bedeutungslosen Wertunterschied (hier: Kapitalwert: 487,08 EUR / monatliche Rente nach dem derzeitigen Rentenbetrag: 2,19 EUR) ohne Besonderheiten in der Versorgungssituation der Beteiligten keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Halbteilungsgrundsatzes dar, auch wenn der Aufwand zur Durchführung des Ausgleichs nicht erheblich ins Gewicht fällt (§ 18 Abs. 1 und 3 VersAusglG).
1.4 OLG Köln, Beschl. v. 4.12.2023 – 10 UF 78/23
1. § 27 VersAusglG erlaubt lediglich, den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise auszuschließen, ermöglicht aber nicht eine Ausweitung des Versorgungsausgleichs.
2. Im Falle eines treuwidrig nicht vorhandenen Anrechts (hier: Nichtberücksichtigung von Kindererziehungszeiten wegen fehlender Mitwirkung des Berechtigten bei der Antragstellung) kann daher nicht ein "fiktives" Anrecht zum Zwecke des Wertausgleichs "fingiert" werden; möglich ist allein, vom Ausgleich einzelner oder mehrerer Anrechte des anderen Ehegatten abzusehen.