1. Einkommen und Verbindlichkeiten beider Ehegatten
Zutreffend ist, dass der Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen durch die Einkommen beider Ehegatten bestimmt wird. Es ist ungenau, wenn auch üblich, bei der Bedarfsbemessung nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB vom Einkommen des Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltsverpflichteten zu sprechen. Im Rahmen von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gibt es nur die gleichberechtigten Ehegatten, nicht einen Gläubiger und einen Schuldner.
Vom bedarfsprägenden Einkommen sind bei beiden Ehegatten bedarfsprägende Verbindlichkeiten abzusetzen. Eine Einschränkung ist indes zu machen. Schulden können im Unterhaltsrecht stets nur insoweit berücksichtigt werden, als sie mit eigenem Einkommen beglichen werden können. Ein negatives Einkommen darf in die Unterhaltsrechnung nicht eingestellt werden; denn damit würde gegen den Grundsatz verstoßen, dass es keinen Unterhalt zum Zweck der Schuldentilgung gibt. Dies ist der unterschiedlichen Fassung der Bestimmungen über die Bedürftigkeit (§§ 1602, 1577 BGB) und über die Leistungsfähigkeit (§§ 1603, 1581 BGB) zu entnehmen, wonach bei jener, im Gegensatz zu dieser, Verbindlichkeiten nicht zu berücksichtigen sind.
Die Einkommensgrenze für den Schuldenabzug wird in einem Urteil des BGH nicht beachtet, in welchem einer in ihrer Eigentumswohnung getrennt lebenden Ehefrau gestattet wird, Tilgungs- und Zinsleistungen für die Wohnung über ihr Einkommen (einschließlich Nutzungsvorteil) hinaus vom eheprägenden Einkommen abzusetzen.
2. Einkommenssteigerungen
a) In der Ehe angelegte gewöhnliche Einkommenssteigerungen
Trotz des Grundsatzes, dass es für die ehelichen Lebensverhältnisse auf den Zeitpunkt der Scheidung ankommt, sind nach der zutreffenden h.M. Einkommenssteigerungen aufseiten beider Ehegatten, die in der Ehe angelegt sind, bedarfserhöhend zu berücksichtigen, außer wenn sie auf einer unerwarteten Entwicklung beruhen, wie beim "Karrieresprung". Insoweit weicht die Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen nicht von der bisherigen Ansicht des BGH ab, der nicht das Einkommen im Scheidungszeitpunkt als maßgeblich angesehen, sondern zu erwartende, gewöhnliche Einkommenssteigerungen in die Bedarfsbestimmung einbezogen hat.
Nicht zu vereinbaren mit diesem Grundsatz ist indes die bedarfserhöhende Anrechnung eines Wohnvorteils des Unterhaltsverpflichteten auf Grund des mietfreien Wohnens im Haus des neuen Ehegatten. Dieser Vorteil hat mit den Lebensverhältnissen der geschiedenen Ehe nichts zu tun.
b) Surrogateinkommen
Surrogateinkommen wird stets als in der Ehe angelegt angesehen, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt, in dem es anfällt. Dies gilt für das Erwerbseinkommen des früher haushaltsführenden Ehegatten ebenso wie für Zinsen aus der Anlage des Verkaufserlöses der Ehewohnung. Eine Folge der Surrogat-Rechtsprechung ist, dass der Lebensstandard sich scheidungsbedingt erhöhen und zeitlich erweitern kann. Die frühere Rechtsprechung, wonach grundsätzlich die ehelichen Lebensverhältnisse im Zeitpunkt der Scheidung das Höchstmaß des Unterhalts bezeichnen, wurde aufgegeben. Die Surrogat-Lehre erfasst dasselbe Einkommen aus einer Quelle in seinen verschiedenen Formen, was grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Sie führt jedoch dazu, dass Umstände den ehelichen Lebensverhältnissen zugerechnet werden, die mit diesen nichts gemein haben, diesen sogar widersprechen. Offenbar muss zu der Feststellung eines Surrogats ein weiterer Gesichtspunkt, ein innerer Zusammenhang mit der Ehe, hinzukommen, damit die Zurechnung des Einkommens zu den ehelichen Lebensverhältnissen nach Grund, Umfang und Zeitraum gerechtfertigt ist.
Die Rechtsprechung des BGH zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen schränkt mit der Begründung, dass das nacheheliche Unterhaltrecht keine Lebensstandardgarantie kenne, die Unterhaltserwartungen ein. Sie ist indes mit einem ähnlichen Fehler behaftet wie die Surrogat-Rechtsprechung. Beide schießen über ihr Ziel hinaus. Die Surrogat-Rechtsprechung macht die Hausfrauen-Ehe zur Doppelverdiener-Ehe, die neue Ansicht die schuldenfreie Ehe zu einer mit Verbindlichkeiten belasteten Ehe, die kinderlose Ehe zur Ehe mit Kindern, die Einehe zur unterhaltsrechtlichen Vielehe.
Die Surrogat-Rechtsprechung ist damit zu erklären, dass der BGH wegen der Verfassungswidrigkeit der Anrechnungsmethode bei der Bestimmung des Bedarfs der Hausfrau gezwungen war, seine Rechtsprechung zu ändern, dabei aber die Bewertung der Betreuungsleistungen des haushaltsführenden Ehegatten in Geld vermeiden wollte. Dagegen fehlt eine solche "Zwangslage" für die Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen. Die allgemeine Begründung, dass die sog. Leben...