1. Eheprägendes Kindergeld
Zur Ermittlung des Ehegattenbedarfs ist ein vom Unterhaltsverpflichteten geschuldeter Minderjährigenunterhalt, wie der BGH bereits zum Volljährigenunterhalt entschieden hat, nach der seit 1. Januar 2008 geltenden Rechtslage mit dem nach Abzug des (hälftigen) Kindergelds gem. § 1612b Abs. 1 BGB sich ergebenden Zahlbetrag, nicht mit dem Tabellenbetrag, vom Einkommen abzusetzen.
Zutreffend ist, dass mit der Verrechnung des Kindergelds auf den Kindesbedarf das Kindergeld wie eigenes Einkommen des Kindes behandelt wird. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Kindergeld ein Einkommen der Eltern ist, wie sich etwa aus dem steuerrechtlichen Bezug, aus der Zahlung an den betreuenden Elternteil und aus dem Zählkindvorteil ergibt. Minderung des Bedarfs durch das Kindergeld im Sinn von § 1612b Abs. 1 S. 2 BGB bedeutet: Das Kind hat einen Anspruch darauf, dass das Kindergeld von den Eltern zur Bezahlung des Barunterhalts verwendet wird. Bei fehlender Unterhaltspflicht wegen Leistungsunfähigkeit ist es an das Kind auszukehren.
Der BGH leitet aus § 1612b n.F. ab, dass bei der Ermittlung des Ehegattenbedarfs nach § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB der Zahlbetrag vom Einkommen des zum Barkindesunterhalt Verpflichteten abzusetzen ist. Anders ausgedrückt heißt dies, was in dem Urteil mit der Bezeichnung der Bezifferung des Kindesunterhalts als Vorfrage des Ehegattenbedarfs überspielt wird, dass der Tabellenunterhalt als Verbindlichkeit und der Kindergeldanteil als Einkommen des barunterhaltspflichtigen Ehegatten angesetzt wird. Damit wird, anders als nach früherem Recht, die wirkliche Unterhaltslast, die die eheliche Lebensverhältnisse prägt, erfasst und auf beide Ehegatten gleichmäßig verteilt.
Der BGH erwähnt nicht den Kindergeldanteil des betreuenden Ehegatten. Es ist mit der Gleichbehandlung der Ehegatten nicht zu vereinbaren, dass der barunterhaltspflichtige Ehegatte seinen Kindergeldanteil mit dem anderen Ehegatten als Folge des Halbteilungsprinzips teilen muss, während dem betreuenden Ehegatten sein Anteil ungeschmälert bleibt. Auch der Kindergeldanteil des betreuenden Ehegatten gehört zum eheprägenden Einkommen. Er erhöht, wie der des Barunterhaltspflichtigen, die Leistungsfähigkeit, etwa wenn einem weiteren Kind Barunterhalt zu gewähren ist. Ist das Existenzminimum des Kindes unter Berücksichtigung des Kindergeldanteils des barunterhaltspflichtigen Elternteils nicht gewahrt, muss der betreuende Elternteil seinen Kindergeldanteil für den Unterhalt des Kindes hergeben, bevor Sozialhilfe in Anspruch genommen wird (§ 2 SGB XII; vgl. § 2 UnterhVG, wonach der Unterhaltsvorschuss sich um das volle, nicht nur das halbe Kindergeld mindert).
2. Abzug des Volljährigenunterhalts bei nur einem Ehegatten
Zu billigen ist die Ansicht, dass der Unterhalt für ein volljähriges Kind, den zwar beide Eltern nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB grundsätzlich anteilig tragen müssen, der aber nach der Übung der Eltern nur von einem Ehegatten aufgebracht wird, bei der Ermittlung des Ehegattenbedarfs nur bei dem Ehegatten berücksichtigt wird, der den Kindesunterhalt tatsächlich leistet.
3. Wohnvorteil
Richtig ist, dass dem Eigentümer zweier Wohnungen zwei Wohnvorteile zuzurechnen sind. Zwar gibt der BGH seine Ansicht nicht auf, dass grundsätzlich der objektive Wohnwert für die Zeit nach dem endgültigen Scheitern der Ehe maßgebend ist. Er erkennt indes unter Hinweis auf seine Rechtsprechung zum Wohnen in einem für die wirtschaftlichen Verhältnisse zu großen Haus an, dass als Wohnvorteil, unabhängig von einer Scheidung, die ersparte, unterhaltsrechtlich angemessene Miete anzusetzen ist. Ein höherer Betrag, insbesondere die Marktmiete, ist nur gerechtfertigt, wenn dem Eigentümer als Obliegenheitsverletzung vorzuwerfen ist, dass er ein solches Einkommen nicht erzielt. Damit nähert sich der BGH der Lehre an, dass der Wohnvorteil eine Frage des “Allgemeinen Teils“ des Unterhaltsrechts ist, die nicht bloß für den Ehegattenunterhalt, sondern auch für den Verwandtenunterhalt, insbesondere den Kindesunterhalt, bedeutsam ist.
4. Verbrauchsunabhängige Kosten
Zu Recht gibt der BGH die Rechtsprechung auf, wonach es für die Berücksichtigung von Kosten bei der Nutzung von Wohnungseigentum darauf ankommt, ob diese verbrauchsunabhängig sind oder nicht. Sie sind nur abzugsfähig, soweit ein Eigentümer letztlich selbst die Kosten tragen muss, wie etwa für Instandhaltung, nicht aber soweit er diese üblicherweise (vgl. §§ 1, 2 BetrKV), wie Grundsteuer oder Beiträge für die Sach- und Haftpflichtversicherung, auf einen Mieter umlegt.
5. Ehebedingte Nachteile
Der Unterhaltsberechtigte trägt im Rahmen von § 1577 BGB die Darlegungs- und Beweislast sowohl für hinreichende Erwerbsbemühungen als auch für das Fehlen einer realen Beschäftigungschance. Wenn bei der Frage der Bedürftigkeit ehebedingte Nachteile geprüft wurden, braucht dies für die Erwägungen zur Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB nicht wiederholt zu werden.
Dr. Hans-Ulrich Graba, ...