BGB §§ 1578, 1578b, 1612b, 1577, 100, 566; BetrKV §§ 1, 2; GG Art. 3
Leitsatz
a) Im Rahmen der Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt gem. § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nach der seit dem 1.1.2008 geltenden Rechtslage auch ein vom Unterhaltspflichtigen geschuldeter Minderjährigenunterhalt nicht mehr mit dem sog. Tabellenbetrag, sondern mit dem sich nach Abzug des (hälftigen) Kindergelds gem. § 1612b Abs. 1 BGB ergebenden Zahlbetrag zu berücksichtigen. § 1612b Abs. 1 BGB verstößt auch mit dieser Wirkung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
b) Wenn einem Ehegatten zwei Wohnungen gehören, können seinem Einkommen entsprechende Wohnvorteile zugerechnet werden. Allerdings kommt eine Kürzung unter Angemessenheitsgesichtspunkten in Betracht.
c) Vom Eigentümer zu tragende verbrauchsunabhängige Kosten können grundsätzlich nur dann von seinem Wohnvorteil abgezogen werden, wenn es sich um nicht umlagefähige Kosten i.S.v. §§ 556 Abs. 1 BGB, 1, 2 BetrKV handelt (Aufgabe der Senatsrechtsprechung seit Senatsurt. v. 20.10.1999 – XII ZR 297/97, FamRZ 2000, 351).
d) Die Darlegungs- und Beweislast für ehebedingte Nachteile i.S.v. § 1578b BGB ist im Hinblick auf die dem Unterhaltsberechtigten gegenwärtig fehlende Möglichkeit, eine seiner Ausbildung und früheren beruflichen Stellung entsprechende Tätigkeit zu erlangen, vorgreiflich nach § 1577 BGB zu beurteilen und obliegt dem Unterhaltsberechtigten. Gelangt das Familiengericht hier zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger kein adäquates Einkommen erzielen kann, erübrigt sich insoweit eine erneute Prüfung im Rahmen von § 1578b BGB.
BGH, Urt. v. 27.5.2009 – XII ZR 78/08 (OLG Brandenburg, AG Strausberg)
Anmerkung
Anmerkung der Redaktion: Die Entscheidung ist abgedruckt in FamRZ 2009, 1300 ff.; siehe auch Anm. Maurer, FF 2009, 423 ff.
2 Anmerkung
1. Eheprägendes Kindergeld
Zur Ermittlung des Ehegattenbedarfs ist ein vom Unterhaltsverpflichteten geschuldeter Minderjährigenunterhalt, wie der BGH bereits zum Volljährigenunterhalt entschieden hat, nach der seit 1. Januar 2008 geltenden Rechtslage mit dem nach Abzug des (hälftigen) Kindergelds gem. § 1612b Abs. 1 BGB sich ergebenden Zahlbetrag, nicht mit dem Tabellenbetrag, vom Einkommen abzusetzen.
Zutreffend ist, dass mit der Verrechnung des Kindergelds auf den Kindesbedarf das Kindergeld wie eigenes Einkommen des Kindes behandelt wird. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Kindergeld ein Einkommen der Eltern ist, wie sich etwa aus dem steuerrechtlichen Bezug, aus der Zahlung an den betreuenden Elternteil und aus dem Zählkindvorteil ergibt. Minderung des Bedarfs durch das Kindergeld im Sinn von § 1612b Abs. 1 S. 2 BGB bedeutet: Das Kind hat einen Anspruch darauf, dass das Kindergeld von den Eltern zur Bezahlung des Barunterhalts verwendet wird. Bei fehlender Unterhaltspflicht wegen Leistungsunfähigkeit ist es an das Kind auszukehren.
Der BGH leitet aus § 1612b n.F. ab, dass bei der Ermittlung des Ehegattenbedarfs nach § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB der Zahlbetrag vom Einkommen des zum Barkindesunterhalt Verpflichteten abzusetzen ist. Anders ausgedrückt heißt dies, was in dem Urteil mit der Bezeichnung der Bezifferung des Kindesunterhalts als Vorfrage des Ehegattenbedarfs überspielt wird, dass der Tabellenunterhalt als Verbindlichkeit und der Kindergeldanteil als Einkommen des barunterhaltspflichtigen Ehegatten angesetzt wird. Damit wird, anders als nach früherem Recht, die wirkliche Unterhaltslast, die die eheliche Lebensverhältnisse prägt, erfasst und auf beide Ehegatten gleichmäßig verteilt.
Der BGH erwähnt nicht den Kindergeldanteil des betreuenden Ehegatten. Es ist mit der Gleichbehandlung der Ehegatten nicht zu vereinbaren, dass der barunterhaltspflichtige Ehegatte seinen Kindergeldanteil mit dem anderen Ehegatten als Folge des Halbteilungsprinzips teilen muss, während dem betreuenden Ehegatten sein Anteil ungeschmälert bleibt. Auch der Kindergeldanteil des betreuenden Ehegatten gehört zum eheprägenden Einkommen. Er erhöht, wie der des Barunterhaltspflichtigen, die Leistungsfähigkeit, etwa wenn einem weiteren Kind Barunterhalt zu gewähren ist. Ist das Existenzminimum des Kindes unter Berücksichtigung des Kindergeldanteils des barunterhaltspflichtigen Elternteils nicht gewahrt, muss der betreuende Elternteil seinen Kindergeldanteil für den Unterhalt des Kindes hergeben, bevor Sozialhilfe in Anspruch genommen wird (§ 2 SGB XII; vgl. § 2 UnterhVG, wonach der Unterhaltsvorschuss sich um das volle, nicht nur das halbe Kindergeld mindert).
2. Abzug des Volljährigenunterhalts bei nur einem Ehegatten
Zu billigen ist die Ansicht, dass der Unterhalt für ein volljähriges Kind, den zwar beide Eltern nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB grundsätzlich anteilig tragen müssen, der aber nach der Übung der Eltern nur von einem Ehegatten aufgebracht wird, bei der Ermittlung des Ehegattenbedarfs nur bei dem Ehegatten berücksichtigt wird, der den Kindesunterhalt tatsächlich leistet.
3. Wohnvorteil
Richtig ist, dass dem Eigentümer zweier Wohnungen zwei Wohnvorteile zuzurechnen sind. Zwar gibt der BGH ...