a) Ausgangssituation
Ehefrau 40 Jahre , kaufm. Angestellte
Ehemann 45 Jahre, Beamter
2 Kinder: 11 Jahre männlich, 6 Jahre weiblich
Das Ehepaar lebte noch im gemeinsamen Hausanwesen, subjektiv gehen die Parteien davon aus, bereits ca. drei Monate getrennt im gemeinsamen Haus zu leben. Der Auszug der Ehefrau mit den Kindern stand kurz bevor, und es sollte eine Unterhaltsvereinbarung getroffen werden.
b) Anwaltliche Beratung
Die Parteien hatten beide anwaltlichen Rat zum Trennungs- und Kindesunterhalt eingeholt und dabei unterschiedliche Berechnungen erhalten. Der Anwalt des Ehemannes hatte einen Unterhalt für Ehefrau und Kinder in Höhe von 900 EUR/mtl. berechnet und der Anwalt der Ehefrau in Höhe von 1.400 EUR EUR.
c) Mediation
Die Parteien waren nicht in der Lage, alleine eine Vereinbarung zu treffen, wollten jedoch keine gerichtliche Auseinandersetzung zu dieser Frage. Hinzu kam, dass relative Eile geboten war, da der Auszug der Ehefrau ca. vier Wochen nach Beginn der Mediation erfolgen sollte.
Die Parteien hatten zunächst die Vorstellung, dass in der Mediation die anwaltlichen Berechnungen auf ihre "Richtigkeit" untersucht und diskutiert würden. Es wurde herausgearbeitet, dass die Mediation keine Prüfungsinstanz ist, sondern dass vielmehr ein eigener Weg zur gütlichen Einigung gefunden werden muss.
Bei der gemeinsamen Diskussion der Einkünfte konnte Einvernehmen über diesen Teil der wirtschaftlichen Situation hergestellt werden. Neuralgischer Punkt blieb die Verwendung der Eigenheimzulage. Der Ehemann hatte die Eigenheimzulage für die Schuldentilgung verwandt, so wie es bisher Praxis der Parteien war. Die Ehefrau war mit diesem Vorgehen zunächst nicht einverstanden und wollte diese bei der nun entstehenden finanziellen Knappheit nicht zur Schuldentilgung, sondern zum möglichen Leben verwendet sehen. Die Berücksichtigung der Eigenheimzulage war auch ein Teil der Abweichung in den jeweiligen anwaltlichen Berechnungen.
Nach der Bedarfsermittlung im Rahmen der Mediation konnte die Ehefrau erkennen, dass zur gemeinsamen Bedarfsdeckung genügend finanzielle Mittel vorhanden sind. Sie konnte sich deswegen darauf einlassen, den bereits geflossenen Teil der Eigenheimzulage auf die Schuldentilgung zu verwenden. Der Ehemann seinerseits erkannte, dass das Hausanwesen durch die Schuldentilgung einen wesentlichen Teil der Einnahmen verschlingt und es zu einer nicht gerechten Verteilung des Einkommens führt, zumal seine Ehefrau und die Kinder mit den errechneten 900,– EUR ihren Bedarf nicht decken können. Die Parteien konnten sich auf eine Unterhaltsregelung entsprechend der Bedarfsanalyse einigen.
d) Thesen
aa) Für den Mediator
These 3:
Die anwaltliche Beratung kann zu einer Fokussierung auf einen Streitpunkt führen, der durch die Mediation mithilfe einer anderen Sichtweise aufgelöst wird.
These 4:
Es erfolgt keine Bewertung "richtig" oder "falsch" der anwaltlichen Berechnungen, vielmehr werden sie als denkbare Möglichkeiten stehen gelassen und eine dritte Regelung erarbeitet.
These 5:
Eine Mediation kann auch für Einzelaspekte notwendig und sinnvoll sein.
bb) Für die Medianten
These 4:
Die anwaltliche Beratung im Vorfeld kann Raum für eine eigenverantwortliche Lösung der Parteien schaffen.
These 5:
Die anwaltliche Beratung im Vorfeld hat den Blick der Parteien für Einnahmen und Ausgaben geschärft und ihnen eine Minimal- und Maximallösung vor Augen geführt.
These 6:
Durch die anwaltliche Beratung wurden die Parteien rechtlich informiert und waren in der Lage, eine eigenverantwortliche Regelung zu treffen.
2. Anwaltliche Beratung während einer Mediation vor dem Verhandeln einer Vereinbarung
a) Ausgangssituation
Ehefrau 47 Jahre, ohne Ausbildung
Ehemann 52 Jahre, Beamter
Kinder: 21 Jahre weiblich, Studentin, 24 Jahre weiblich, Studentin
Die Eheleute lebten bereits getrennt im gemeinsamen Hausanwesen in zwei abgetrennten Wohnungen.
b) Mediation
Die Ehepartner strebten eine vollständige Regelung ihrer familiären Situation an. Dazu gehörten sowohl der Ehegattenunterhalt wie auch eine Regelung zum Vermögen und zum Hausanwesen. Die sich zwangsläufig durch die Ausbildung der Kinder ergebenden wirtschaftlichen Veränderungen und auch mögliche Einnahmen der Ehefrau ließen erkennen, dass die Unterhaltszahlungen immer wieder angepasst werden müssen. Ziel der Ehepartner war es, ein Berechnungsmodell zu bekommen, um in der Lage zu sein, die Veränderungen selber einvernehmlich regeln zu können. Da die Ehefrau keine abgeschlossene Berufsausbildung hat und das Ehepaar im ländlichen Raum lebt, war es der Ehefrau bislang nicht gelungen, eine adäquate Arbeit zu erhalten, die einen Teil ihres Lebensunterhaltes abdeckt. Sie hatte lediglich zwei kleine "Nebenjobs". Im Laufe der Mediation wurde das Thema Arbeitspflicht und -möglichkeit immer wieder bearbeitet. Da die Ehefrau ihre Position, es gelänge ihr nicht, Arbeit zu finden, nur schwer aufgeben konnte, wurde mit den Parteien vereinbart, dass jeder eine anwaltliche Beratung über die Frage der Arbeitspflicht in Anspruch nimmt.
c) Zwischengeschaltete anwaltliche Beratung
In der anwaltlichen Beratung hat die Ehefrau erfahren, dass sie fiktiv Einkommen zugerechnet erhält, wenn Sie keine Arbeit aufnimmt, und dass sie gegebenenfalls auch verpflichtet ist, den Wohnsitz zu wechseln. Die Höhe des...