a) Krankheiten
Die untersuchten Entscheidungen machen deutlich, dass für die Anspruchsverlängerung auch weiterhin allein der Hinweis auf das Vorliegen einer bestimmten Krankheit nicht ausreichend ist, und zwar selbst dann nicht, wenn es sich um ein sog. "Problemkind" handelt. Allein der Hinweis auf schulische Defizite (E1) oder den Umstand, dass es sich bei dem betreuten Kind um einen schlechten Schüler handelt (E25), reicht regelmäßig nicht aus. Dass es entscheidend auf spezifizierten Vortrag im Einzelfall ankommt, machen die Entscheidungen E3 und E11 deutlich: In der erstgenannten Entscheidung hielt das Gericht eine Präsenz der Mutter wegen kopfschmerzbedingter Ausfallzeiten des Kindes in der Schule für erforderlich. In der zweiten Entscheidung spielte die Migräne des Kindes eine Rolle. Auch Immunschwäche (E6) rechtfertigte einen erhöhten Betreuungsbedarf, aber vor allem deshalb, weil das Kind wegen häufiger Atemwegsinfekte den Kindergarten nicht regelmäßig besuchen konnte und die Großmutter mütterlicherseits als Entlastung ausschied. Dagegen half es der Kindesmutter in der Entscheidung E18 nichts, dass das Kind sogar unter verschiedenen Krankheiten litt und an mehreren Therapien teilgenommen hatte; weder kind- noch elternbezogene Gründe waren hinreichend dargelegt.
b) Alter
Angesichts der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BGH ist es nicht überraschend, dass das Kindesalter als Kriterium für eine Anspruchsverlängerung nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt; auf die Urteile des BGH vom 15.9.2010 und 1.6.2011 (s.o. unter II.1c) und e)) wird verwiesen.
Als "Ausreißer" musste die zwischenzeitliche Aktualisierung der Leitlinien des OLG Schleswig (s.o. unter I.2) angesehen werden, weil dort mit einem altersbezogenen "Raster" gearbeitet wurde. Dem steht jetzt eindeutig die aktuelle Entscheidung des BGH vom 15.6.2011 (s.o. unter II.1f)) entgegen; der BGH spricht sich dort ausdrücklich sogar gegen eine Modifizierung aus, welche die Altersphasen als Regelfall ansieht, daneben aber die Umstände des Einzelfalles berücksichtigen will. Nach Ansicht des BGH wird dadurch gleichwohl jedenfalls überwiegend auf das Kindesalter abgestellt, was der gesetzlichen Neuregelung widerspreche.
Von daher ist es auch bedenklich, wenn in der Entscheidung E2 ausgeführt wird, bei einem 6 Jahre und knapp 10 Monate alten Kind sei eine Betreuungsbedürftigkeit nicht zweifelhaft.
c) Aktivität
Hier sind keine neuen Entwicklungen festzustellen; deshalb kann auf den Voraufsatz verwiesen werden.
d) Besonderheiten
Ein Abstellen auf die individuellen Merkmale wird deutlich daran, dass die Anzahl der Kinder (E3) ebenso eine Rolle spielt wie die Frage, was die Ehegatten hinsichtlich des Aussetzens der Kindesmutter mit der Berufstätigkeit bei intakter Ehe vereinbart hatten (E7). Wird ein gemeinschaftliches und ein nicht gemeinschaftliches Kind betreut, ist hinsichtlich der Erwerbspflicht der Unterhalt vom Ehemann begehrenden Kindesmutter nur auf die Belange des gemeinschaftlichen Kindes abzustellen (E15). Dass es entscheidend nicht immer auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt, sondern darauf, welche Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch genommen werden könnten, macht die Entscheidung E20 deutlich; dort wurde die Kindesmutter darauf verwiesen, das Kind im Nachbarort in einem Ganztagskindergarten unterzubringen. In die gleiche Richtung geht die Entscheidung E22. Der Einwand der Kindesmutter, das Kind könne nur Vormittags für drei Stunden im Kindergarten betreut werden, weil es wegen Reizüberflutung regelmäßig seinen Mittagsschlaf halten müsse, wurde nicht akzeptiert unter Hinweis auf das Vorhandensein anderer geeigneter Einrichtungen, die dem Ruhebedürfnis des Kindes Rechnung tragen könnten. Vor allem fehlte auch hier konkreter Sachvortrag in Bezug auf therapeutische Konsequenzen aus den behaupteten gesundheitlichen Einschränkungen. Dies deckt sich mit den zu den Krankheiten (s.o. unter 2a)) erwähnten Entscheidungen.
Zusätzlicher Druck auf den betreuenden Elternteil dürfte in vielen Fällen durch das Angebot des barunterhaltspflichtigen Elternteils ausgeübt werden, selbst weitere Betreuungsleistungen zu übernehmen und dadurch eine (erweiterte) Berufstätigkeit beim anderen Elternteil zu ermöglichen. In der Entscheidung vom 15.9.2010 (s.o. unter II.1c)) hat der BGH sich erstmals mit dieser Frage befasst. Er hat einerseits hervorgehoben, dass der andere Elternteil grundsätzlich als Betreuungsperson in Betracht zu ziehen sei, aber andererseits richtigerweise dahin eingeschränkt, dass es sich um ein ernsthaftes und verlässliches Angebot handeln müsse. In der weiteren Entscheidung vom 1.6.2011 (s.o. unter II.1e)) hat der BGH diese Grundsätze bestätigt und dort zusätzlich die Möglichkeit angesprochen, das Umgangsrecht umzugestalten mit dem Ziel der Entlastung des betreuenden Elternteils und der Konsequenz einer weitergehenden Erwerbstätigkeit. Dies dü...