1. BGH
Schon im Jahre 2010 konnte festgestellt werden, dass der BGH, beginnend mit dem Frühjahr 2009, allen Überlegungen in Richtung eines "modifizierten Altersphasenmodells" eine Absage erteilt hat; wegen der Einzelheiten wird auf den Voraufsatz verwiesen. Diese Linie hat sich weiter verfestigt; umso erstaunlicher mutet es von daher an, dass teilweise dennoch an einem Altersphasenmodell festgehalten wurde.
a) Urteil vom 17.3.2010 ("behinderter Volljähriger")
Seit der Trennung der Parteien lebte deren volljähriger Sohn bei der Kindesmutter; er ist schwerbehindert und bedarf ständiger Pflege. Wegen der Betreuung des Kindes erzielt die Kindesmutter kein Erwerbseinkommen. Der BGH stellt klar, dass sich der Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB nicht auf die Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen minderjährigen Kindes beschränkt, sondern allein darauf abstellt, ob eine persönliche Betreuung des gemeinschaftlichen Kindes aus kind- oder elternbezogenen Gründen erforderlich ist. Somit wird auch die Betreuung eines behinderten volljährigen Kindes erfasst. Auch insoweit ist im Rahmen der kindbezogenen Gründe immer zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in einer für das volljährige Kind geeigneten Betreuungseinrichtung gesichert werden könnte. Im entschiedenen Fall bestand die Besonderheit, dass beide Eltern übereinstimmend die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes bejahten, woran sie auch unterhaltsrechtlich dann festgehalten wurden in Form der Notwendigkeit der persönlichen Betreuung, deren Umfang bei der Bemessung der Erwerbspflicht des betreuenden Elternteils zu berücksichtigen ist.
b) Urteil vom 21.4.2010 ("Ärzte")
Aus der im Jahre 1990 geschlossenen Ehe der Parteien, beide von Beruf Ärzte, waren drei in den Jahren 1992, 1993 und 1997 geborene Kinder hervorgegangen. Nach der Trennung im Jahre 2004 wurde die Ehe im Jahre 2008 rechtskräftig geschieden; die Kinder blieben bei der Kindesmutter. Dieser wurde vom OLG ein zeitlich unbefristeter Anspruch auf Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt zuerkannt. Beide Parteien legten Revision ein; hauptsächlich wurde über die Erwerbsobliegenheit der Kindesmutter gestritten. Das OLG-Urteil wurde aufgehoben und zurückverwiesen; der BGH weist darauf hin, dass das OLG bei seinem Urteil die einschlägige BGH-Rechtsprechung noch nicht habe kennen können und deshalb noch weitere tatsächliche Feststellungen vonseiten des Tatrichters erforderlich seien. Die bisherige Rechtsprechung zur Aufgabe des früheren Altersphasenmodells wird vom BGH ausdrücklich bestätigt. Aus elternbezogenen Gründen könne sich der Anspruch auf Betreuungsunterhalt nur ergeben, so lange das Kind vom betreuenden Elternteil auch tatsächlich betreut werde. Ob das vom betreuenden Elternteil neben der Kindesbetreuung erzielte Erwerbseinkommen nach § 1577 Abs. 2 BGB bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen sei, hänge davon ab, in welchem Maße der Elternteil nach § 1570 BGB von der Erwerbsobliegenheit befreit sei; es komme kein Betreuungsbonus als Abzugsposition in Betracht. Über die Anrechenbarkeit sei vielmehr im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung unter Berücksichtigung des tatsächlichen Betreuungsaufwandes zu entscheiden. Nach Ansicht des BGH kann auch nicht pauschal gefordert werden, dass Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit nicht über einen Achtstundentag hinausgehen dürften; vielmehr sei auch hier im Einzelfall über die Frage der Unzumutbarkeit zu entscheiden. Schließlich stellt der BGH klar, dass im Falle einer Bejahung eines Unterhaltsanspruchs nach § 1570 Abs. 1 S. 2 BGB wegen Vorrangigkeit dieser Regelung eine Befristung und Beschränkung des Anspruchs nach § 1578b BGB nicht geprüft werden kann; denn im Rahmen der Billigkeitsabwägung zum Anspruch auf Betreuungsunterhalt sind schon alle kind- und elternbezogenen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Führen diese zu dem Ergebnis einer (jedenfalls teilweisen) Fortdauer des Anspruchs, können dieselben Gründe nicht zu einer Befristung im Rahmen des § 1578b BGB führen.
c) Urteil vom 15.9.2010 ("Reno-Gehilfin")
Aus der 1999 geschlossenen Ehe der Parteien war ein im Herbst 2000 geborener Sohn hervorgegangen. Nach Trennung im Frühjahr 2005 wurde die Ehe im Sommer 2008 rechtskräftig geschieden, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den gemeinsamen Sohn wurde der Kindesmutter übertragen. Diese w...