Einführung
Bewegliche Sachen, die die Eheleute in ihrem Haushalt nutzen, können bei der Vermögensaufteilung entweder als Haushaltsgegenstand oder als sonstiger Vermögenswert eingeordnet werden. Im Anschluss an die Entscheidung BGH FamRZ 2011, 1039 zeigt der Verfasser auf, welche unterschiedlichen Rechtsfolgen sich ergeben können, je nachdem, ob eine Sache als Haushaltsgegenstand gem. § 1568b BGB oder als Zugewinnposition gem. §§ 1363 ff. BGB behandelt wird.
I. Die Gesetzeslage vor und nach der Güterrechtsnovelle
1. Die Hausratsverordnung als Ausgangspunkt
Wohnungen und Hausrat wurden bis zum 1.9.2009 nach der Hausratsverordnung, einem gesetzgeberischen Relikt aus den 40er Jahren, aufgeteilt. Hausrat, der beiden Ehegatten gemeinsam gehörte, sollte der Richter "gerecht“ und "zweckmäßig" verteilen (§ 8 Hausratsverordnung). Soweit ein Gegenstand im Alleineigentum eines Ehegatten stand, konnte der Richter ihn dem anderen Ehegatten zuweisen, sofern es sich um "notwendige" Gegenstände handelte. Zusätzlich musste dem Eigentümer zugemutet werden können, sie dem anderen zu überlassen (§ 9 Hausratsverordnung). Derartige gerichtliche Auseinandersetzungen waren bei Familienrechtlern seit jeher äußerst beliebt. Die Prognose über den Ausgang des Verfahrens gestaltete sich so präzise, wie das Lesen aus einer Glaskugel. Gerade von Eheleuten, die sich spinnefeind gegenüberstanden, wurden diese Prozesse mit Verve geführt. Einerseits steigerte sich umgekehrt proportional zum Wert der Sachen die Heftigkeit der Auseinandersetzung. Andererseits schienen dem Phantasiereichtum der Parteien über das Einbringen und den Erwerb von Sachen keine Grenzen gesetzt zu sein. Da der Gesetzgeber dem Familienrichter eine nach oben offene Ermessensskala eingeräumt hatte, war der Ausgang dieser Verfahren praktisch nicht vorhersehbar."
2. Die Neuregelung gem. § 1568a, b BGB
1) Zum 1.9.2009 ist die Hausratsverordnung abgeschafft worden. An ihre Stelle sind die §§ 1568a (Wohnungszuweisung) sowie 1568b BGB (Aufteilung der Haushaltsgegenstände) getreten. Da in der Überleitungsvorschrift des Art. 229 EGBGB insoweit keine Übergangsregelung vorgesehen wurde, gilt die neue Gesetzeslage ab dem 1.9.2009 uneingeschränkt. Eine Ausnahme stellt lediglich § 1370 BGB a.F. dar (vgl. dazu II 3).
Die gesetzliche Regelung in § 1568b BGB unterscheidet sich von der bisherigen Hausratsverordnung im Wesentlichen wie folgt:
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§ 8 Abs. 1 Hausratsverordnung eröffnete bereits mit seinen Allgemeinplätzen ("Zweckmäßigkeit" bzw. "Gerechtigkeit") einen weitgehenden Ermessensspielraum. In § 1568b BGB wird nunmehr bei der Zuweisung vor allen Dingen zusätzlich das Kindeswohl berücksichtigt. Alternativ wird auf den Umstand, dass einer der Partner stärker auf die Zuweisung angewiesen ist als der andere, abgestellt. |
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Bei Alleineigentum sah § 9 Abs. 2 Hausratsverordnung eine Zuweisungsmöglichkeit für "notwendige" Gegenstände vor, auf die der Nichteigentümer angewiesen war. Gleichzeitig musste dem Eigentümer die Zuweisung zumutbar sein. Der Gesetzgeber hat in § 1568b BGB davon Abstand genommen, Gegenstände, die nicht zumindest im Miteigentum stehen, dem anderen Partner zuzuweisen. Hierfür bestehe angeblich kein Bedürfnis mehr. |
2) In zwei neueren Entscheidungen hat der BGH Folgendes klargestellt:
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Die neue Rechtslage gilt für alle Verfahren über Haushaltsgegenstände, die zum 1.9.2009 noch nicht abschließend gerichtlich entschieden worden sind. |
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War einerseits das Hausratsverfahren nach altem Recht bereits abgeschlossen, andererseits der Zugewinn aber bis zum 1.9.2009 noch nicht entschieden, gilt auch in diesen Verfahren das neue Güterrecht. Ausgenommen hiervon sind nur Fälle, in denen sich Ergebnisse herausstellen würden, die mit § 242 BGB nicht in Einklang zu bringen wären (vgl. unten III 4 b). |
II. Allein- und Miteigentum?
1. Der Begriff Haushaltsgegenstand
Haushaltsgegenstände sind alle beweglichen Sachen, welche dem gemeinsamen Leben der Eheleute und der mit ihnen zusammenlebenden Kinder dienen. Vorrangig richtet sich die Zuordnung nicht nach der Art des Gegenstandes, sondern nach der Nutzungsbestimmung im Einzelfall. Dies kann auch durch schlüssiges Verhalten geschehen. Es kommt ausschließlich auf die Eignung der Gegenstände zu Haushaltszwecken und ihrer tatsächlichen Verwendung zur Gestaltung des gemeinsamen ehelichen Lebens an. Der Lebenszuschnitt der Eheleute dient hierfür als Maßstab. Dinge, welche vornehmlich zum persönlichen Gebrauch eines Familienmitglieds angeschafft wurden, sind keine Haushaltsgegenstände. Demzufolge gehören z.B. zu den Haushaltsgegenständen: Gardinen, Bettwäsche, Mobiliar, Einbauküche, Kunstgegenstände, welche der Ausschmückung des Familienheims dienen, Wohnwagen, Reisemobil, Motorjacht, Computer etc. Nicht dazu gehören z.B. das Arbeitszimmer oder eine Taschenuhr.