Stellt man die Frage, ob die Einführung der Familiengerichte und die mehrfache Ausweitung ihres Zuständigkeitsbereichs sich denn nun bewährt hat, so kann es an der Antwort keinen Zweifel geben. Im Ganzen gesehen ist die Schaffung der Familiengerichte und ihre stetige Fortentwicklung eine Erfolgsgeschichte. Die Institution Familiengericht ist im öffentlichen Bewusstsein fest verankert und insgesamt positiv besetzt. Das Engagement der Familienrichter wird wahrgenommen. Die ganz überwiegend vorhandene fachliche Kompetenz trägt im Zusammenwirken mit dem Bemühen, die sozialen Bezüge des Einzelfalls zu erfassen und bei der Suche nach einverständlichen Lösungen und ggf. bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen, zur Akzeptanz der Familiengerichtsbarkeit bei.
Eine ganz wesentliche Rolle spielt dabei auch der durch das 1. EheRG geschaffene Instanzenzug. Während bis dahin das Landgericht Berufungs- und zugleich letzte Instanz in Unterhaltssachen war, wurde 1977 der dreistufige Instanzenzug vom Amtsgericht (Familiengericht) über das Oberlandesgericht (Familiensenat) zum BGH als Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdeinstanz eingeführt. Dies hat zu einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung geführt. Und was die Qualität dieser Rechtsprechung betrifft, so gebührt dem die Richtung weisenden Familiensenat des BGH (früher der IVb., jetzt der XII. Zivilsenat) einiger Respekt, auch wenn nicht jede Entscheidung überzeugen mag, auch wenn nicht jeder Wunsch erfüllt worden ist, so etwa der nach einer Vereinfachung des Unterhaltsrechts, einer Aufgabe, die nicht allein in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers fällt. Der Familiensenat des BGH hat, darauf sei im Besonderen hingewiesen, gerade nach den großen Gesetzesreformen der letzten Jahre, der Unterhaltsrechtsreform von 2008, den Reformen vom 1.9.2009, in wesentlichen Fragen relativ schnell Pflöcke eingeschlagen und Weichen gestellt, sich vielfach nicht auf die Beantwortung der im jeweiligen Fall entscheidungsrelevanten Fragen beschränkt, sondern durch manches obiter dictum die Richtung vorgegeben – im Interesse der unteren Instanzen, der Anwaltschaft und der Betroffenen.
Wo bestehen Verbesserungsmöglichkeiten? Einige Punkte sind schon angesprochen worden: der wieder einzuführende generelle Ausschluss von Proberichtern von der Familienrichtertätigkeit, der den Dezernatsanfängern in Familiensachen zu gewährende Spielraum zur fachlichen Einarbeitung, der in der einen oder anderen Region gebotene Ausbau des Fortbildungsangebots, die Aufnahme der Fortbildungsbereitschaft als gewichtiges Kriterium in die Beurteilungsrichtlinien, eine realitätsgerechte Einordnung der Arbeit des Familienrichters bei der Pensenbewertung. Ein weiterer Punkt sei hinzugefügt: Die schon erwähnte in der Richterschaft nicht seltene und auch in den Justizverwaltungen anzutreffende Einschätzung, Familiensachen seien juristisch weniger anspruchsvoll und bedürften einer eher kurzen Einarbeitungszeit, führt nicht nur in der ersten Instanz, sondern auch bei den Familiensenaten zu nicht immer optimalen Personalbesetzungen. Es ist zu wünschen, dass sich mit der Zeit die Erkenntnis durchsetzt, dass ein Richter mit familienrichterlicher Erfahrung aus der ersten Instanz sich für den Einsatz in einem Familiensenat im Zweifel besser eignet, als ein reiner Zivilrechtler. Das hat nicht nur mit Rechtskenntnissen im Familienrecht zu tun, sondern auch mit dem besonderen Gespür, dem "Feeling" für eine gute, befriedende Lösung, das man in Familiensachen am besten an der Basis, also in der ersten Instanz erwirbt. Und auch bei der Besetzung der Vorsitzendenstellen in den Familiensenaten sollte Erfahrung in Familiensachen ein selbstverständliches Eignungskriterium werden.
Ohne Frage war auch die im Laufe der Jahrzehnte schrittweise vorgenommene Ausweitung der Kompetenzen des Familiengerichts richtig, ja geboten. Das gilt insbesondere auch für die Übertragung der bislang den Zivilprozessgerichten zugeordneten vermögensrechtlichen Streitigkeiten, die nun den Kern der sonstigen Familiensachen i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG ausmachen. Von Familienrichtern wird vielfach kritisiert, dass ihnen 2009 die Zuständigkeit für Gewaltschutzsachen auch insoweit übertragen worden ist, als es um Konflikte geht, in denen es an einer besonderen Nähebeziehung zwischen den Beteiligten fehlt. Aber auch das war richtig. Nur so konnte die vorher bestehende Rechtswegspaltung, die zu Unsicherheiten in der Zuständigkeitsfrage und zu – gerade bei Gewaltschutzsachen unerwünschtem – Zeitverlust durch Klärung der Zuständigkeit geführt hat, sinnvoll aufgelöst werden.