Die konkrete Bedarfsermittlung bringt für den darlegungspflichtigen Unterhaltsberechtigten einen großen Aufwand mit sich. Dabei ist darauf zu achten, dass konsequent auf den während des Zusammenlebens gepflegten Lebenszuschnitt und das dortige Ausgabeverhalten abgestellt wird, nicht aber auf den Aufwand, den der unterhaltsberechtigte Ehegatte (in der Regel die Ehefrau) während der Trennungszeit oder nachehelich hat. In der Praxis ist häufig anzutreffen, dass die Ehefrau dann Belege zu einzelnen Bedarfspositionen vorlegt, deren Grund und Höhe nicht den Gepflogenheiten des Zusammenlebens entspricht. Der Berechtigte muss im Einzelnen alle für die Aufrechterhaltung des Lebensstandards und seinen eigenen Lebensbedarf benötigten Ausgaben detailliert aufführen und beschreiben. Sofern und soweit Aufwendungen nicht ziffernmäßig belegt werden können, muss im Vortrag eine hinreichende Grundlage für eine Schätzung gemäß § 287 ZPO erfolgen. Der Unterhaltsberechtigte muss hier die Einzelpositionen mit konkreten Beträgen vortragen. Dies wird ihm leicht fallen, wenn er vor der Trennung Buch über seinen Verbrauch und seine Aufwendungen geführt und Belege beschafft hat. Üblicherweise werden die einzelnen Bedarfspositionen in einer Liste erfasst. Insoweit wird in der Anlage eine entsprechende Checkliste beigefügt. Die dort einzusetzenden Zahlen müssen auf der Grundlage der ehelichen Lebensverhältnisse beruhen, d.h. dieser Bedarf in den Einzelpositionen muss tatsächlich während der Ehe gedeckt worden sein. Der Nachteil dieses Modells kann darin liegen, dass der Bedarf nicht notwendig mit dem früheren tatsächlichen Konsumverhalten in Übereinstimmung zu bringen ist, sondern einer normativen Korrektur unterliegt, die leicht willkürlich ausfallen kann. Dies gilt gleichermaßen für die dann meistens notwendige Schätzung nach § 287 ZPO.
Ein weiteres Modell besteht darin, dass der berechtigte Ehegatte darlegt, in welchem Umfang bei intakter Ehe das Einkommen für den Konsum zur Verfügung stand. Hier sind dann das damalige Einkommen, die dem Konsum entzogenen Einkommensteile, insbesondere die Aufwendungen für Vermögensbildung, vorzutragen. Dies erspart dann ein Eingehen auf die vielfältigen Einzelpositionen des Lebensbedarfs. Es ist dann nur noch die Höhe der Aufwendungen zur Vermögensbildung festzustellen.
Auch kann ein prozessuales Verhalten zur konkreten Bedarfsbestimmung führen. Der Bedarf ist auch dann konkret zu ermitteln und vorzutragen, wenn der verpflichtete Ehegatte erklärt, unbeschränkt leistungsfähig zu sein. In diesem Fall besteht dann auch kein Anspruch auf Auskunft über die Höhe des Einkommens des verpflichteten Ehegatten.
Bei der konkreten Bedarfsbemessung ist zu beachten, dass nicht gegen den Halbteilungsgrundsatz verstoßen wird. Dem Pflichtigen muss also zur Deckung seines eigenen Unterhaltsbedarfes ein mindestens gleich hoher Betrag verbleiben. Der Pflichtige muss sich allenfalls bei Aufwendungen für Vermögensbildung oder sonstige Zwecke einschränken.
Bei der Anrechnung von Eigeneinkünften des Berechtigten muss beachtet werden, dass kein Erwerbstätigenbonus abzuziehen ist. Der Grund hierfür liegt darin, dass ein solcher Bonus auch im konkreten Bedarf nicht enthalten ist. Ist der Bedarf konkret ermittelt und bestimmt worden, wird der Bedarf festgeschrieben. Erhöht sich dann das Einkommen des Pflichtigen, kann deshalb allein eine Abänderung nicht verlangt werden. Eine Absenkung des nach konkreter Bedarfsbestimmung ermittelten Unterhalts ist jedoch dann möglich, wenn sich die Einkommensverhältnisse des Pflichtigen unverschuldet verschlechtert haben, z.B. durch Ausscheiden eines gut verdienenden Rechtsanwalts aus der Sozietät oder bei Eintritt in den Ruhestand mit geringen Versorgungsbeträgen. In einem derartigen Abänderungsverfahren kann sogar dann von der konkreten Bedarfsermittlung in die Quotenberechnung übergegangen werden. Eine Bedarfsabsenkung kann dann auch ergeben, dass der berechtigte Ehegatte sein früheres Ausgabeverhalten nicht mehr praktizieren kann bei krankheitsbedingtem Wegfall einer Sportmitgliedschaft.
Bei einzelnen Bedarfspositionen kann sich ergeben, dass das Ausgabeverhalten der Ehegatten unterschiedlich zu bewerten ist, beispielsweise in den Bereichen Kosmetik, Frisör, Mode. Schließlich ist darauf zu achten, dass nicht ein laufender Aufwand für einzelne Bedarfspositionen mit Aufwendungen vermischt wird, die als Sonderbedarf geltend zu machen wären (z.B. Zahn- und Schönheitsoperationen, kieferorthopädische Behandlungen).