Zu den Voraussetzungen der Abtrennung einer Folgesache bei obstruktiver Verfahrensverzögerung bieten bei dieser Entscheidung sowohl der Sachverhalt wie auch die Entscheidungsgründe Anhaltspunkte für weitere Überlegungen.
1. Die Trennung der Beteiligten erfolgte im Jahre 2009. Die Ehefrau verlangt im Rahmen der Auskunftserteilung die Vorlage der Steuererklärung für 2008 und 2009, obwohl diese mangels ihrer Zustimmung überhaupt nicht abgegeben worden sind. Dies ist ein Ärgernis, welches in der Praxis immer wieder auftaucht: Die Ehefrau verlangt im Rahmen der Auskunft die Vorlage von Belegen, die entweder noch gar nicht vorhanden sind (fehlende gemeinsame Steuererklärung) oder aber ihr bekannt sein müssten. Dies ist beispielsweise der letzte gemeinsame Steuerbescheid. Denselben kann sich die Ehefrau ohne Weiteres bei dem gemeinsam beauftragten Steuerberater holen oder aber beim Finanzamt anfordern. Gleiches gilt hinsichtlich der Darlehensverträge bezüglich Verbindlichkeiten, für die die Ehefrau als Gesamtschuldnerin mit haftet bzw. als Bürgin. Bei Freiberuflern sollte man darauf abstellen, dass man deren Beruf genau berücksichtigt und auch die Kenntnisse, die man im Rahmen des Zusammenlebens hat. Wenn ein Ehemann gegenüber seiner Ehefrau, angestellte Ärztin, dann auch noch Auskunft verlangt über Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und das im Rahmen eines Auskunftsverfahrens, zeugt dies nicht gerade von Kenntnis des Ehemannes von den Lebensumständen. Es zeugt aber auch nicht von der Befähigung des beratenden Anwaltes/der beratenden Anwältin. Die Arbeit mit Formularbüchern mag hilfreich sein; manchmal ist es jedoch ratsam, die Formulare, die man verwendet, vorher durchzulesen und ihre Anwendbarkeit zu überprüfen.
2. In diesem Fall stellte sich wieder die Frage, ob der Antrag auf nachehelichen Unterhalt verspätet bei Gericht eingegangen ist. Die Norm des § 137 Abs. 2 FamFG ist – wie der Unterzeichnende festgestellt hat – bei Nicht-Fachanwälten fast gänzlich unbekannt. Bei Fachanwälten ist sie – leider – nur überwiegend bekannt.
3. Die Antragsgegnerin verweigert dann trotz Zeitablaufs die Zustimmung wegen fehlender Einigung über den nachehelichen Unterhalt, den Zugewinn und den Hausrat. Dies zeigt, dass den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin die Norm des § 133 Abs. 1 Ziffer 2 FamFG nicht bekannt war. Denn eine Regelung über die Vermögensauseinandersetzung ist dort gerade nicht gefordert.
4. Mit der Geltendmachung des nachehelichen Unterhaltes ist dem Amtsgericht dann der "Geduldsfaden gerissen" und die Folgesache nachehelicher Unterhalt gemäß § 140 Abs. 2 Ziffer 5 FamFG abgetrennt worden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass dieser Antrag auf Abtrennung nicht dem Anwaltszwang unterliegt (§ 140 Abs. 5 FamFG). Die Entscheidung über diesen Antrag ist zum Teil von Amts wegen vorzunehmen, zum Teil aber auch von dem Sachvortrag der Partei abhängig. Hier hatte der beteiligte Ehemann darauf verwiesen, dass er sich in einer festen Beziehung befinde. Er wolle die neue Partnerin ehelichen. Er wolle mit ihr auch ein Kind bekommen. Er wies in diesem Zusammenhang auf das Alter der Partnerin hin. Dies hat den Senat überzeugt. Die fortschreitende "innere biologische Uhr" und die nach Abtrennung und Scheidung folgenden "geordneten Verhältnisse" auf Seiten des dann geschiedenen Ehemannes waren mit ausschlaggebend.
Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass das OLG Hamm auf die aktuellsten statistischen Werte abstellt. Gemeinhin wird immer wieder zitiert die Entscheidung BGH FamRZ 1986, 898 und der Zeitraum von zwei Jahren als "sattelfest" dargestellt. Dabei muss man aber berücksichtigen, dass der BGH a.a.O., S. 899, rechte Spalte, einen Aufsatz von Walter in JZ 1982, 835, zitiert. Walter bezieht sich da auf eine noch ältere statistische Erhebung. Mit anderen Worten: Das Gericht, welches sich auf diese Entscheidung stützt, dürfte die Entwicklung der letzten 32 Jahre nicht berücksichtigt haben. Unter Berücksichtigung der jetzt zugrunde liegenden statistischen Zahlen ist von einer Verfahrensdauer von 10 Monaten im Bundesdurchschnitt auszugehen. Die Verfahrensdauer in den einzelnen OLG-Bezirken kann man über das Statistische Bundesamt abgreifen.
5. Der Senat hat den zweifachen Anwaltswechsel und die damit verursachten zeitlichen Verzögerungen nicht weiter verwertet. Auch dies ist ein beliebtes Mittel, Verfahren in die Länge zu ziehen bzw. Entscheidungen hinauszuziehen. In diesem Zusammenhang stellt sich dann aber auch die Frage, welches Berufsverständnis und welches Selbstverständnis der Anwalt bzw. die Anwältin hat, die dann "nachfolgend" solche Anträge stellt. Dies vor allen Dingen dann, wenn das ganze Verfahren mit Verfahrenskostenhilfe betrieben werden muss und – wie oftmals zu befürchten – die Gebühren bereits angefallen und damit dann verbraucht sind.
Jörg Kleinwegener, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Detmold
FF 11/2013, S. 459 - 463