Entwicklungen, Herausforderungen und Möglichkeiten
Einführung
In der heutigen Gesellschaft gehören die zur Errichtung eines europäischen Binnenmarkts geschaffenen Grundfreiheiten unbestreitbar zum Alltag der Bürger der Europäischen Union. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Bürger sein Heimatland hinter sich lässt, um in einem anderen Land zu leben und/oder zu arbeiten.
Da diese Entwicklung zugleich das Entstehen von Familien mit grenzüberschreitendem Hintergrund fördert, hat der europäische Gesetzgeber Verordnungen zu der Zuständigkeit, dem anwendbaren Recht sowie der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet des Familienrechts erlassen.
An einer Vereinheitlichung oder Harmonisierung des Familienrechts in Europa fehlt es jedoch. Die Commission on European Family Law, kurz CEFL, hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, die Entwicklung hin zu einem harmonisierten und einheitlichen Familienrecht zu fördern und vorzubereiten, indem sie durch rechtsvergleichende Analyse der verschiedenen europäischen Rechtssysteme den gemeinsamen Kern zu unterschiedlichen Problemstellungen ermittelt und darauf aufbauend sog. Principles entwirft, die als Inspiration oder Anleitung für Gesetzesnovellierungen dienen sollen. Der portugiesische Gesetzgeber hat bereits von den Prinzipien zur Ehescheidung und zum nachehelichen Unterhaltsrecht und den Prinzipien zu den sog. "parental responsibilites" bei einer Novellierung des Scheidungsrechts und des elterlichen Erziehungs- und Sorgerechts Gebrauch gemacht.
Auf der fünften Konferenz der CEFL, zu der sich über 200 Personen aus 33 verschiedenen Ländern eingefunden hatten, wurden nun sowohl die kürzlich publizierten Prinzipien zum ehelichen Güterrecht vorgestellt als auch die aktuellen Entwicklungen, Herausforderungen und Möglichkeiten mit Blick auf die Zukunft des Familienrechts erörtert. Prof. Dr. Nina Dethloff und das Institut für Deutsches, Europäisches und Internationales Familienrecht übernahmen gemeinsam mit Prof. Dr. Werner Gephart und dem Käte Hamburger Kolleg "Recht als Kultur" die organisatorische Verantwortung für die erstmals in Bonn stattfindende Konferenz.
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von links: Eva Becker, Prof. Dr. Josep Ferrer Riba, Prof. Dr. Barbara Dauner-Lieb, Prof. Dr. Walter Pintens, Prof. Dr. Katharina Boele-Woelki
Rückblick: Die Principles des ehelichen Güterrechts
Die Principles of European Familiy Law Regarding Property Relations Between Spouses sind in drei Kapitel untergliedert – ein Kapitel über generelle Rechte und Pflichten der Ehegatten, ein zweites über güterrechtliche Vereinbarungen und ein drittes über Güterrechtssysteme.
Zunächst gab Prof. Dr. Katharina Boele-Woelki einen Überblick über die generellen Rechte und Pflichten der Ehegatten. Nach dem Grundkonzept der Prinzipien stehen diese Rechte und Pflichten gerade nicht zur Disposition der Ehepartner. Sowohl die Gleichheit der Ehegatten, deren Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit als auch die Vorschriften bezüglich des Beitrags zum Lebensbedarf der Familie und zu deren Schutz, das Prinzip zur Vertretung der Ehegatten untereinander, die gegenseitige Informationspflicht und die Ehevertragsfreiheit sind damit obligatorisch. Prof. Dr. Boele-Woelki betonte in diesem Zusammenhang außerdem, dass innerhalb der Prinzipien der CEFL nicht zwischen gleichgeschlechtlichen und Paaren verschiedenen Geschlechts unterschieden würde, da der Begriff der Ehegatten beide Paarbeziehungen umfasse.
Eine Überleitung zum nächsten Kapitel über güterrechtliche Vereinbarungen bildet Principle 4:9, wonach es Ehegatten freisteht, Vereinbar...