Die Fragestellung des Gerichts sollte sich nicht auf den normativen Bereich, also auf die juristische Frage, erstrecken. Manche Sachverständige übernehmen gerne die Rolle des Entscheiders, was aber Aufgabe des Gerichts ist. Andere fühlen sich an die gerichtliche Fragestellung gebunden und beantworten die Frage nach der juristischen Regelung des Sorgerechts trotz ihrer fachlichen Bedenken. Der Sachverständige hat aber nicht über den Streitensfall zu urteilen, sondern die Sachverhalte zu erheben und letztendlich nur diese zu beurteilen. Die rechtsprechende Gewalt steht nach Art. 92 und Art. 97 GG allein dem Richter zu. Rechtsentscheidungen dürfen nicht vorweggenommen werden und sind zudem mit dem psychologischen Wissen in der Regel alleine nicht zu begründen. Laienhafte Meinungen des Sachverständigen über die rechtliche Regelung z.B. der elterlichen Sorge oder von Maßnahmen nach § 1666a BGB sind keine sachverständig begründeten Stellungnahmen zum Kindeswohl. Wird vom Richter die Beantwortung der (normativen) Frage nach dem "Sorgerecht" ausdrücklich verlangt, so kann sie der Sachverständige nur innerhalb seines fachpsychologischen Rahmens beantworten und nicht pauschal, da zum Kindeswohl auch andere Aspekte als psychologische gehören.
Der Sachverständige sollte, wenn seine Interventionen gescheitert sind, den Sachverhalt darstellen, die Situation der Familie, insbesondere des Kindes, deutlich machen und z.B. aus psychologischer Sicht Empfehlungen für eine Betreuungs- oder Lebensschwerpunktsregelung des Kindes abgeben, er sollte sich aber der konkreten Sorgerechtsempfehlung enthalten. Dies sollte den Juristen vorbehalten bleiben, die aus der Empfehlung ihre Schlüsse für die sorgerechtliche Entscheidung ziehen können.
Zudem schränken konkrete Sorgerechtsempfehlungen die Verhandlungsmöglichkeiten der anderen Beteiligten ein oder erschweren Vergleichsverhandlungen, da Regelungen des Lebensschwerpunkts eines Kindes oder des Umgangs unter verschiedenen rechtlichen Rahmenbedingungen verwirklicht werden können, die in der Regel dem Sachverständigen nicht vollumfänglich geläufig sind (gerichtlich gebilligter Vergleich, Vollmachtgebung, Regelung einzelner Sorgerechtsbereiche, Entscheidungen von erheblicher Bedeutung versus Alltagsentscheidung). Die Frage nach der Kindeswohlgefährdung kann aus psychologischer Sicht beantwortet werden, nicht aber ob damit unbedingt Sorgerechtsentzug verbunden ist (der ja möglicherweise bei freiwilliger Inanspruchnahme von Hilfen oder Vollmachtgebung oder im anderen Fall mit einer Verbleibensanordnung verhindert werden könnte).
Es liegt hier auch an den Anwälten, den Beweisbeschluss zu kontrollieren und damit der immer wieder unterstellten Macht des Sachverständigen entgegenzuwirken, und diese durchaus auch fachlich begründet zu kontrollieren.