Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 14.5.2014 – XII ZB 301/12, FF 2014, 365 ff.
I. Die Rechtsprechung des BGH
Der Bundesgerichtshof hat in neuerer Zeit mehrmals entschieden, dass ein ehebedingter Nachteil i.S.v. § 1578b BGB, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtige Ehegatte nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt, als er bei hinweggedachter Ehe erwürbe, ausgeglichen sein kann, wenn er Altersvorsorgeunterhalt nach § 1578 Abs. 3 BGB zugesprochen bekommt oder jedenfalls erlangen kann. Der Vorteil für den geschiedenen Ehegatten, der etwa wegen einer durch Betreuung eines Kindes bedingten Teilzeitbeschäftigung Vorsorgeunterhalt fordern kann, erweist sich damit auch als eine Obliegenheit, die der Unterhaltsberechtigte wahrnehmen muss, um nicht den vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB) zu verlieren. Es ist zu untersuchen, ob es zutreffend ist, die unterlassene Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt als Ausgleich ehebedingter Nachteile bei der Invaliden- und Altersversorgung zu werten.
II. Die Begründung des BGH
In der Entscheidung vom 14.5.2014 ist ausgeführt: Durch die nach § 1578 Abs. 3 BGB eröffnete Möglichkeit, Vorsorgeunterhalt zu erlangen, kann der Berechtigte sogar nachehelich Versorgungsanwartschaften aufbauen, die sich an den ehelichen Lebensverhältnissen orientieren. So wird ihm ein Ausgleich derjenigen ehebedingten Nachteile ermöglicht, die darauf zurückzuführen sind, dass er wegen der Rollenverteilung in der Ehe nachehelich nur geringere Versorgungsanrechte erzielen kann, als ihm ohne die Ehe möglich gewesen wäre. Macht er den Vorsorgeunterhalt nicht geltend, obwohl er einen solchen erlangen könnte, ist die hieraus folgende Einbuße bei der Altersvorsorge nicht ehebedingt. Sie beruht vielmehr auf seiner eigenen, bereits im Wissen um das Scheitern der Ehe getroffenen Entscheidung und kann daher nicht dazu führen, dass aufgrund dieses Unterlassens verminderte Versorgungsanwartschaften als ehebedingter Nachteil einer Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung seines Unterhaltsanspruchs entgegegenstehen. Als unerheblich hat der BGH es angesehen, aus welchen Gründen die Ehefrau, die seit 1981 getrennt lebte und auf den 1981 zugestellten Scheidungsantrag seit 1983 rechtskräftig geschieden ist, erst 1991 und nicht schon früher Vorsorgeunterhalt verlangt hatte. Es ist nicht ersichtlich, dass ein entsprechendes Verlangen erfolglos geblieben wäre. Schon dadurch ist der erst nachehelich enstandene Versorgungsnachteil als kompensiert anzusehen.
III. Stellungnahme
1. Zutreffender Ansatz
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Ansatz richtig. Der Versorgungsausgleich gleicht ehebedingte Versorgungsnachteile grundsätzlich völlig aus. Das Gleiche muss auch für den an den Versorgungsausgleich sich anschließenden Anspruch auf Vorsorgeunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen nach § 1361 Abs. 1 S. 2 bzw. § 1578 Abs. 3 BGB gelten. Wer diesen Anspruch nicht erhebt, muss sich gundsätzlich so behandeln lassen, wie wenn ehebedingte Versorgungsnachteile nicht mehr bestünden.
2. Erlangen des Vorsorgeunterhalts
Der BGH knüpft die Rechtsfolge des Ausgleichs ehebedingter Nachteile bei den Versorgungsanwartschaften bereits an die Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt, wenn nicht ersichtlich ist, dasss ein entsprechendes Verlangen erfolglos geblieben wäre. Mit Letzterem sind offenbar die Fälle gemeint, in denen der Anspruch auf Vorsorgeunterhalt gegenüber dem vorrangigen Elementarunterhalt zurücktreten muss oder überhaupt an der fehlenden Leistungsfähigkeit scheitert. Der BGH fordert indes trotz des Gebrauchs des auf die tatsächliche Bewirkung der Unterhaltszahlung hinweisende Worts "erlangen" nicht ausdrücklich, dass der beantragte und zugesprochene Unterhalt auch wirklich beim Unterhaltsberechtigten eingegangen ist, wobei dann die zweckentsprechende Verwendung der Mittel unterstellt werden kann. Er lässt es vielmehr für die Bejahung eines Ausgleichs genügen, dass die unterhaltsberechtigte Ehefrau Vorsorgeunterhalt früher geltend machen konnte, wobei er es als unerheblich ansieht, warum sie dies nicht getan hat. Dies erscheint zu weitgehend.
3. Kausalität
Der BGH begründet seine Ansicht damit, dass die Einbuße bei der Altersvorsorge nicht ehebedingt sei, wenn Vorsorgeunterhalt nicht geltend gemacht werde. Der nach der Scheidung mögliche Ausgleich der durch die Gestaltung der Ehe geminderten Versorgungsanwartschaften durch den Vorteil der möglichen Erlangung von Vorsorgeunterhalt beseitigt indes nicht die Kausalität der Ehe für den Nachteil, sondern kann diesen allenfalls beheben.
4. Verschulden
Die Ansicht des BGH, wonach es nicht darauf ankommt, weshalb der Berechtigte Vorsorgeunterhalt nicht geltend gemacht hat, lässt sich nur schwer damit in Einklang bringen, dass...