Der Sachverhalt des hier besprochenen Beschlusses ist von den aktuellen Entscheidungen vielleicht der außergewöhnlichste: Ein deutscher Mann, der jahrelang ein Kinderheim in Indien unterstützt hat, heiratet 2006 eine indische Frau, die er in diesem Projekt kennengelernt hat. Nach einer in Indien vorgenommenen künstlichen Befruchtung bringt die Frau im Jahr 2009 Zwillinge zur Welt. Die Frau ist zu diesem Zeitpunkt 40 Jahre, der Mann 78 Jahre alt.
Wegen erheblicher Komplikationen bei der Geburt und einer ansteckenden Infektionskrankheit der Mutter muss diese sich ab Geburt der Kinder fünf Monate lang immer wieder in verschiedenen Kliniken aufhalten und kann die Zwillinge nicht betreuen. Der Vater ist aufgrund seines Alters nicht in der Lage, die Kinder zu betreuen. Die Klinik äußert bezüglich der Mutter den Verdacht auf eine Depression, eine den Eltern anfangs zur Seite gestellte Notmutter berichtet von einem schlechten Hygienezustand der Wohnung und dass sich die Eltern nicht um die Kinder kümmern würden. Die Kinder werden daraufhin vom Jugendamt in Obhut genommen und nach einem Krankenhausaufenthalt und der Unterbringung in einer Bereitschaftspflegestelle zunächst mit Zustimmung der Eltern in einer Pflegefamilie untergebracht.
Nach einem 1½ Jahre dauernden erstinstanzlichen Hauptsacheverfahren entzieht das Amtsgericht den Eltern gemäß §§ 1666, 1666a BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitsfürsorge und die Vertretung in Angelegenheiten nach dem SGB VIII. Das OLG weist die Beschwerde der Eltern in seiner zwei Jahre später ergangenen Entscheidung zurück. Zuvor waren Ansätze zur Vorbereitung einer Rückführung der Kinder aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt worden: Unter anderem waren Eltern, Pflegeeltern, Jugendamt und Gericht verstritten (insbesondere auch über Häufigkeit und Dauer der begleiteten Umgangstermine mit den Eltern). Das Jugendamt weigerte sich bereits im November 2010 und dann durchgängig ab August 2011, ergänzende Hilfen für die Eltern zu bewilligen, u.a. mit der geradezu hanebüchenen Begründung, eine Rückführung der Kinder komme wegen der im Rahmen des Umgangs aufgetretenen kindeswohlgefährdenden Situationen – Anziehen von Glitzerarmbändern, obwohl sich der Glitzer beim In-den-Mund-nehmen löst; Versuch, die Kinder mit Kuchen zu füttern, obwohl sie Süßes nicht mögen – nicht in Betracht. Auch der letzte, dann doch mit Zustimmung des Jugendamtes unternommene Versuch ab Ende 2012, die Rückkehr der Kinder durch ein Erziehungskompetenztraining der Eltern zu ermöglichen, scheiterte, weil die vorgesehene Trainerin erkrankte und die Eltern sich eine Zusammenarbeit mit der als Ersatz vorgeschlagenen Einrichtung aufgrund früherer Erfahrungen nicht zusammenarbeiten wollten.
Zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVerfG leben die 4½ Jahre alten Kinder noch immer in der Pflegefamilie. Wegen der weiteren – wichtigen – Einzelheiten des umfangreichen Sachverhalts muss an dieser Stelle ergänzend auf die Darstellung des BVerfG in den Entscheidungsgründen Bezug genommen werden.