a) Vorentscheidung über den gesamten Anspruch
Für ein Abänderungsverfahren des Gläubigers ist nur Raum, wenn der gesamte Anspruch in einer Endentscheidung tituliert ist. Andernfalls bedarf es nicht eines Eingriffs in deren Rechtskraft. Nur ein Teil des Anspruchs ist tituliert, wenn etwa der Berechtigte Unterhalt über einen freiwillig gezahlten Betrag hinaus verlangt hat. Will der Gläubiger mehr Unterhalt, ist nicht der Abänderungsantrag, sondern der Erstantrag nach § 258 ZPO der richtige Rechtsbehelf. Der Schuldner kann jedoch einen Abänderungsantrag erheben, um zu erreichen, dass der titulierte Unterhalt ermäßigt wird oder entfällt.
b) Vermutung des gesamten Unterhaltsanspruchs
Wie der BGH in dem eingangs genannten Beschluss bekräftigt, ist bei Unterhalt nach dem Sinn der Abänderungsvorschriften im Zweifel anzunehmen, dass der gesamte Anspruch geltend gemacht wurde. Der Gläubiger, der nur einen Teil des Anspruchs geltend machen will, muss dies ausdrücklich erklären oder dies muss sich aus den Umständen eindeutig entnehmen lassen. Fehlt es daran, erstreckt sich die Rechtskraft der Vorentscheidung auf den gesamten Unterhaltsanspruch und schließt eine Nachforderung mit einem Antrag nach § 258 ZPO aus. "Vergessener" Vorsorgeunterhalt kann deswegen nur unter den Voraussetzungen des § 238 FamFG verlangt werden, d.h. bei einer nachträglichen wesentlichen Veränderung der Verhältnisse. Ist diese zu bejahen, etwa weil die frühere Beschränkung der Leistungsfähigkeit des Schuldners entfallen ist, kann der volle Vorsorgeunterhalt im Rahmen des zulässig eröffneten Abänderungsverfahrens gefordert werden, ohne dass eine Veränderung der Verhältnisse bezogen auf Vorsorgeunterhalt vorliegen muss.
c) Abänderungsgründe und Vollstreckungseinwendungen
Die Vorentscheidung kann inhaltlich nicht mehr gerechtfertigt sein, weil nachträglich ein Umstand eintritt, der sich selbst wiederum ändern kann, wie die Einkommenslage, oder der unwandelbar ist, etwa das Ende des Anspruchs auf Trennungsunterhalt mit der Rechtskraft der Scheidung. Mit dieser Unterscheidung kann der Anwendungsbereich des Abänderungsantrags nach § 238 FamFG von dem des Vollstreckungsgegenantrags nach § 767 ZPO abgegrenzt werden. Der BGH hat sich jedoch dazu bislang nicht eindeutig festgelegt. Insbesondere fehlt eine Entscheidung, ob die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB), etwa bei der Verwirkung von Unterhalt, im Rahmen von § 767 ZPO in Betracht kommt oder ob dafür das Abänderungsverfahren, wie ich meine, der zutreffende Ort ist, weil im Vollstreckungsgegenantragsverfahren für die notwendige umfassende Würdigung der Verhältnisse aufseiten beider Unterhaltsparteien und ihre Auswirkungen auf den Inhalt des Anspruchs kein Raum ist.
d) Präklusion
Nach dem Vorbild des § 767 Abs. 2 ZPO wurde in die Abänderungsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO a.F., nunmehr § 323 Abs. 2 ZPO n.F. bzw. § 238 Abs. 2 FamFG, eine Bestimmung aufgenommen, wonach Gründe, die objektiv im Vorverfahren geltend gemacht werden konnten, im Abänderungsverfahren gegen eine Entscheidung ausgeschlossen sind. Damit soll deren Rechtskraft gesichert werden. Während jedoch der Grundsatz, wonach eine Abänderung einer Entscheidung nur für die Zeit ab Erhebung eines Abänderungsantrags zulässig ist, für Unterhalt im Laufe der Zeit durch ergänzende Bestimmungen – siehe § 238 Abs. 3 FamFG – gelockert wurde, ist eine nach dem Regierungsentwurf zum FGG-RG geplante Ausnahme von der Präklusion nicht Gesetz geworden, die zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit vorgesehen war. Vielmehr wurde die Lösung dieses Problems der Rechtsprechung überlassen. Im Wege der teleologischen Reduktion sollte nicht nur, aber auch insbesondere in Fällen des aus anderen Gründen eröffneten Abänderungs- oder Vollstreckungsgegenantragsverfahrens eine Ausnahme von der Präklusion gemacht werden, etwa um eine auf einer falschen Ermittlung oder Fiktion des Einkommens beruhende Verurteilung für die Zukunft zu ändern oder einen schon früher eingetretenen Beendigungsgrund zu beachten, weil dies auf die Dauer unerträglich ungerecht sein kann, insbesondere wenn der Fehler auf das Verhalten des Gegners zurückzuführen ist. In der Praxis wird in solchen Fällen gerne "gemogelt", etwa indem im Wege einer "Gesamtwürdigung" der Unterhalt neu festgelegt wird, obgleich eine auf den einzelnen Abänderungsgrund begrenzte Anpassung ausreichen würde, oder die im Verfahren gegen den Trennungsunterhalt wegen der übersehenen Rechtskraft der Scheidung bereits eingetretene Beendigung des Anspruchs wird im Wege der "Auslegung" berücksichtigt.
e) Anpassung der Vorentscheidung
Das Abänderungsverfahren hat denselben Gegenstand wie das Erstverfahren. Der in diesem festgesetzte Unterhalt ist lediglich den veränderten Verhältnisse anzupassen. Eine Neuvornahme ist ausgeschlossen. Der Maßstab ist grundsätzlich der Erstentscheidung zu entnehmen und nur, wenn er daraus nicht feststellbar ist, dem ge...