1. Vermutung der Geltendmachung des Gesamtunterhaltsanspruchs
Mit Beschluss vom 19.11.2014 hat der BGH in Fortführung früherer Rechtsprechung entschieden, dass im Vorverfahren "vergessener" Vorsorgeunterhalt nicht mit einem Zusatzantrag nachverlangt werden kann, sondern nur mit einem Abänderungsantrag, wenn die dafür vorgeschriebenen Voraussetzungen gegeben sind. Nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen ist nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 323 ZPO bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu wiederkehrenden Leistungen eine Zusatz- oder Nachforderungsklage nur ausnahmsweise zulässig, wenn im Vorprozess ausdrücklich erklärt wurde oder den Umständen eindeutig zu entnehmen war, dass nur ein Teil der an sich höheren Forderung geltend gemacht wurde. Bei Unterhalt spricht die Vermutung dafür, dass der Anspruch in voller Höhe geltend gemacht wurde.
2. Für Teilklage nicht ausreichende Umstände
In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um Vorsorgeunterhalt nach § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB. Dessen Nachforderung war im Vorverfahren weder ausdrücklich noch nach den Umständen hinreichend deutlich vorbehalten worden. Bei der zweistufigen Unterhaltsberechnung ist ein derartiger Vorbehalt schon deswegen nicht anzunehmen, weil es naheliegend ist, dass der Berechtigte eine mit der Forderung von Vorsorgeunterhalt verbundene Kürzung seines Elementarunterhalts vermeiden wollte. Aber auch bei der hier vorliegenden konkreten Berechnung des Unterhalts fehlten genügende Anhaltspunkte für einen Vorbehalt. Abgesehen davon, dass sich der Berechtigte des Bestehens einer weiteren Forderung bewusst gewesen sein muss, können Opportunitätsgründe, etwa Erwartungen eines erheblichen Kapitals aus der vermögens- und güterrechtlichen Auseinandersetzung, dafür ausschlaggebend gewesen sein, Vorsorgeunterhalt nicht geltend zu machen. Für die prozessuale Frage des Vorliegens eines Vorbehalts einer Nachforderung ist unerheblich, dass dieser nach der Rechtsprechung als Voraussetzung für den Anspruch auf Vorsorgeunterhalt für die Vergangenheit bei der Mahnung nicht ausdrücklich erwähnt werden muss.
3. Umdeutung eines Erstantrags in einen Abänderungsantrag
Ein unzulässiger Nachforderungsantrag kann zwar in einen Abänderungsantrag umgedeutet werden, wenn er die Voraussetzungen des § 238 Abs. 1 S. 2 FamFG enthält. Dies war hier nicht der Fall. Einmal fehlte das Vorbringen einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse im Vergleich zu dem hier maßgeblichen ersten Abänderungsverfahren. Außerdem wäre es erforderlich gewesen, dass die Antragstellerin, die grundsätzlich zwischen einem Abänderungsantrag und einer Beschwerde wählen konnte, in der Beschwerdeinstanz im ersten Abänderungsverfahren Vorsorgeunterhalt geltend gemacht hätte.