Die Entscheidung bestätigt die herrschende Meinung. Sie befasst sich mit Grundfragen von Titeln über künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen und gibt Anlass, sich die Eigenart der Abänderungsvorschriften in die Erinnerung zu rufen.
1. Neufassung der Abänderungsvorschriften
Anlässlich der Schaffung des FamFG im Rahmen des FGG-RG v. 17.12.2008 (BGBl I, S. 2586) wurde der Anwendungsbereich der Bestimmung des § 323 ZPO a.F. über die Abänderung von Titeln mit einer Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen in zweierlei Hinsicht konkretisierend aufgeteilt, nämlich in allgemeine Streitsachen, nunmehr §§ 323, 323a ZPO n.F., und gesetzliche Unterhaltssachen, nunmehr §§ 238, 239 i.V.m. § 231 FamFG, sowie rechtskraftfähige gerichtliche Endentscheidungen, nunmehr § 323 ZPO n.F. bzw. § 238 FamFG, und gerichtliche Vergleiche und vollstreckbare Urkunden, d.h. nichtrechtskraftfähige Titel, nunmehr § 323a ZPO bzw. § 239 FamFG. Im Übrigen wurde der Inhalt der Abänderungsvorschrift des § 323 ZPO a.F. im Wesentlichen übernommen.
2. Zweck der Abänderungsvorschriften
Die Abänderungsvorschriften setzen einen Titel mit der Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen voraus, etwa zu einer monatlich zahlbaren Unterhaltsrente. Sie nehmen hinsichtlich Entscheidungen Bezug auf die Vorschrift des § 258 ZPO. Diese gestattet bei wiederkehrenden Leistungen eine rechtskraftfähige Verurteilung auch wegen der erst nach Erlass der Entscheidung fälligen Leistungen. Das ist eine Ausnahme vom Normalfall, in welchem nach der ZPO für eine Verurteilung vorausgesetzt wird, dass sämtliche Anspruchsvoraussetzungen, auch die Fälligkeit der Forderung, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bereits vorliegen. Dem Gläubiger, der etwa auf die pünktliche und volle Unterhaltszahlung für seine Existenz angewiesen ist, wird mit der Entscheidung nach § 258 ZPO aufgrund einer vorausschauenden Würdigung der künftigen Verhältnisse (Prognose) durch den Richter im Voraus ein Titel in die Hand gegeben, aus dem er vollstrecken kann, wenn der Schuldner nicht pünktlich oder nicht vollständig leistet. Stellt sich heraus, dass die Entscheidung unrichtig ist, weil sich die Verhältnisse tatsächlich wesentlich anders entwickeln haben, als bei ihrem Erlass zugrunde gelegt wurde, ist es ein Gebot der Billigkeit, dass die benachteiligte Partei die Abänderung der Entscheidung und die Anpassung an die veränderte Lage verlangen kann. Rechtsgrundlage dafür bildet die Vorschrift des § 238 FamFG, die die Bestimmung des § 258 ZPO ergänzt.
Wie bei einer gerichtlichen Entscheidung beruht auch ein gerichtlicher Vergleich oder eine vollstreckbare Urkunde über die auch künftige Unterhaltsverpflichtung auf der Annahme der Beteiligten, dass nach der zu erwartenden Entwicklung der Verhältnisse der titulierte Unterhalt gerechtfertigt ist. Trifft dies nicht zu, kann ein Antrag auf Abänderung des nichtrechtskraftfähigen Titels nach § 239 FamFG erhoben werden mit dem Ziel, den Titel der materiellen Rechtslage anzupassen. Die Abänderungsvorschriften sind Ausdruck des allgemeinen Rechtsgrundsatzes der clausula rebus sic stantibus.
3. Die Abänderung gerichtlicher Unterhaltsentscheidungen
a) Vorentscheidung über den gesamten Anspruch
Für ein Abänderungsverfahren des Gläubigers ist nur Raum, wenn der gesamte Anspruch in einer Endentscheidung tituliert ist. Andernfalls bedarf es nicht eines Eingriffs in deren Rechtskraft. Nur ein Teil des Anspruchs ist tituliert, wenn etwa der Berechtigte Unterhalt über einen freiwillig gezahlten Betrag hinaus verlangt hat. Will der Gläubiger mehr Unterhalt, ist nicht der Abänderungsantrag, sondern der Erstantrag nach § 258 ZPO der richtige Rechtsbehelf. Der Schuldner kann jedoch einen Abänderungsantrag erheben, um zu erreichen, dass der titulierte Unterhalt ermäßigt wird oder entfällt.
b) Vermutung des gesamten Unterhaltsanspruchs
Wie der BGH in dem eingangs genannten Beschluss bekräftigt, ist bei Unterhalt nach dem Sinn der Abänderungsvorschriften im Zweifel anzunehmen, dass der gesamte Anspruch geltend gemacht wurde. Der Gläubiger, der nur einen Teil des Anspruchs geltend machen will, muss dies ausdrücklich erklären oder dies muss sich aus den Umständen eindeutig entnehmen lassen. Fehlt es daran, erstreckt sich die Rechtskraft der Vorentscheidung auf den gesamten Unterhaltsanspruch und schließt eine Nachforderung mit einem Antrag nach § 258 ZPO aus. "Vergessener" Vorsorgeunterhalt kann deswegen nur unter den Voraussetzungen des § 238 FamFG verlangt werden, d.h. bei einer nachträglichen wesentlichen Veränderung der Verhältnisse. Ist diese zu bejahen, etwa weil die frühere Beschränkung der Leistungsfähigkeit des Schuldners entfallen ist, kann der volle Vorsorgeunterhalt im Rahmen des zulässig eröffneten Abänderungsverfahrens gefordert werden, ohne dass eine Veränderung der Verhältnisse bezogen auf Vorsorgeunterhalt vorliegen muss.
c) Abänderungsgründe und Vollstreckungseinwendungen
Die Vorentscheidung kann inhaltlich nicht mehr gerechtfertigt sein, weil nachträglich ein Umstand eintritt, der sich s...