Der Antrag auf nachehelichen Unterhalt konnte in der DDR nur im Scheidungsverfahren gestellt werden (§ 29 Abs. 3 S. 1 FGB) und auch nur dort konnten rechtswirksame Vereinbarungen über den Unterhalt nach Scheidung getroffen werden (§ 30 Abs. 3 FGB). Gemeint war damit nicht lediglich, dass der Unterhaltsanspruch nur im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren geltend gemacht werden konnte, sondern damit sollte in erster Linie bewirkt werden, dass Unterhaltsfragen ausschließlich vor Gericht erörtert wurden: Das Gericht war verpflichtet, die Ehegatten vor Abschluss einer Vereinbarung über deren Bedeutung zu belehren;[41] Unterhaltsvereinbarungen waren nur zulässig, soweit sie "mit den Grundsätzen des sozialistischen Rechts[42] im Einklang" standen (§ 46 Abs. 1 S. 1 ZPO).[43] Zu ihrer Wirksamkeit bedurfte die Vereinbarung der gerichtlichen Bestätigung, die im Urteil oder in einem gesonderten Beschluss zu erfolgen hatte (§ 46 Abs. 4 ZPO). Außergerichtliche Unterhaltsvereinbarungen nach Art der heute von den Ehegatten und ihren Beratern ausgehandelten, notariell beurkundeten Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen, in der der nacheheliche Unterhalt entsprechend den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der scheidungswilligen Ehegatten geregelt wird,[44] waren in der DDR von vornherein ausgeschlossen. Eine derartige Unterhaltsvereinbarung wäre unwirksam gewesen. Zu den Gründen hierfür findet sich in der familienrechtlichen Literatur der DDR lediglich der knappe, zumeist stereotype Hinweis, es solle sichergestellt werden, dass der Unterhalt mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils abschließend geklärt sei;[45] auch sollte verhindert werden, dass sich ein Ehegatte durch das Unterhaltsversprechen von der Ehe "freikauft".[46] Erst nach der Wende wurde eingeräumt, was die wirklichen Gründe für die Unwirksamkeit jeglicher privatautonomer Vereinbarungen zum nachehelichen Unterhalt waren: Die Unwirksamkeit von außergerichtlichen Vereinbarungen wurde bewusst herbeigeführt, um die Durchsetzung der restriktiven Gesamtkonzeption des nachehelichen Unterhalts zu gewährleisten und abzusichern.[47] Dadurch, dass die Vereinbarung zwingend vor Gericht, im Scheidungsverfahren abgeschlossen und die Vereinbarung vom Gericht bestätigt werden musste, hatte die Rechtsprechung es praktisch in der Hand, auf den Inhalt der abzuschließenden Vereinbarung Einfluss zu nehmen und nur solche Vereinbarungen zuzulassen, die im Einklang mit den rigiden Vorgaben des Nachscheidungsunterhalts standen.[48]

[40] Vgl. zur vertraglichen Ausgestaltung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs ausführlich Menne, Rückblick: Betreuungsunterhalt nach dem Familiengesetzbuch der DDR, in: Festschrift 25 Jahre freiberufliches Notariat, 2015, 251 (278–281).
[41] Vgl. ZPO-Kommentar, 1. Aufl. 1987, Anm. 1.2.
[42] In der früheren Vorschrift, § 20 Abs. 1 S. 1 FVerfO (Verordnung zur Anpassung der Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren in Familiensachen an das Familiengesetzbuch der DDR v. 17.2.1966, GBl II, 171), hieß es noch, "Vergleich, Anerkenntnis und Verzicht sind nur zulässig, soweit sie den Grundsätzen des Familienrechts entsprechen".
[43] Das war nur der Fall, wenn die Einigung "eine nach dem sozialistischen Recht mögliche Gestaltung der rechtlichen Beziehungen der Prozessparteien zum Inhalt hat, die eine endgültige Klärung des Rechtskonflikts herbeiführt"; vgl. ZPO-Kommentar (Fn 41), Anm. 1.1.
[44] Vgl. ausführlich Willutzki, Zur Funktion des Notars im Familienrecht aus rechtspolitischer Sicht, ZKJ 2007, 444 ff.
[45] Vgl. FGB-Kommentar/Seifert (Fn 5), § 30 Anm. 3; Familienrecht/Ansorg/Grandke/Rieger (Fn 5), S. 291.
[46] Vgl. Grandke, Zur Wirksamkeit außergerichtlicher Vereinbarungen über den Unterhalt geschiedener Ehegatten auf der Grundlage des FGB, NJ 1991, 261 (261); Friesen/Heller, Das Familienrecht in Mitteldeutschland, 1967, S. 57; Eberhardt, NJ 1965, 250 (251).
[47] Vgl. Grandke, NJ 1991, 261 (261).
[48] Vgl. beispielsweise:

- Stadtbezirksgericht Berlin-Friedrichshain, Urt. v. 6.4.1989 (mitgeteilt bei BGH, Urt. v. 2.2.1994 – XII ZR 191/92, FamRZ 1994, 562) (Bestätigung einer Vereinbarung über eine unbefristete Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 250 M unter dem Vorbehalt einer erneuten Verständigung über Anspruchsberechtigung, Dauer und Höhe des Unterhalts für den Fall, dass der Ehefrau Sozialhilfeleistungen bewilligt werden sollten; diese pflegte die 1984 geborene Tochter, die an einer angeborenen Wirbelsäulenmissbildung litt und einen Grad der Behinderung von 80 % zuerkannt hielt);

- BG Rostock, Beschl. v. 18.10.1972 – II BF 68/72, NJ 1973, 368 (bestätigt wurde ein gerichtlicher Unterhaltsvergleich, in dem der Ehemann, der über monatliche Einkünfte von 915 M verfügte, sich verpflichtete, an die geschiedene Ehefrau einen auf zwei Jahre befristeten [Aufstockungs-]Unterhalt von 150 M zu deren eigenem Einkommen von 225 M zu zahlen, weil eines der beiden, aus der Ehe hervorgegangenen Kinder so krank war, dass es nur vier Stunden täglich d...

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