1. Hat der gewöhnliche Aufenthalt eines Minderjährigen, dem bei Flüchtlingen der schlichte Aufenthalt gleich steht (Art. 6 Abs. 1 und 2 KSÜ; ähnlich Art. 13 Abs. 1 und 2 Brüssel-IIa-VO), in die Schweiz gewechselt, sind deren Gerichte und Verwaltungsbehörden zuständig geworden (Art. 5 Abs. 2 KSÜ); in Deutschland getroffene Maßnahmen (wie die Bestellung eines Vormundes) bleiben allerdings in Kraft, bis sie von den jetzt zuständigen Schweizer Behörden geändert, ersetzt oder aufgehoben werden (Art. 14 KSÜ).

2. Hat sich mit dem Wechsel des minderjährigen Flüchtlings in die Schweiz das laufende Verfahren auf Bestellung eines Mitvormunds für asyl- und ausländerrechtliche Angelegenheiten in der Hauptsache erledigt, so ist die Beschwerde des Jugendamts mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden.

3. Aus den europarechtlichen Vorgaben folgt nicht, dass einem unbegleiteten minderjährigen Ausländer, der unter Amtsvormundschaft steht, durch die Familiengerichte zusätzlich ein rechtskundiger Vertreter als Mitvormund oder Ergänzungspfleger zur Seite zu stellen ist, um seine Interessen in asyl- und ausländerrechtlichen Verfahren wahrzunehmen.

(Leitsätze der Redaktion)

OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 1.8.2016 – 21 WF 82/16 (AG Köln)

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