Das BVerfG stellt in seiner Entscheidung vom 29.11.2012 fest, dass der aufgrund seiner eigenen Meinung geäußerte Wille des Kindes und die Folgen eines gegen diesen Willen angeordneten Umgangs erhebliches Gewicht haben. Mit der Kundgabe seines Willens macht das Kind von seinem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch. Dadurch wird einerseits das Kind in seiner Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt, weil umgangsrechtliche Regelungen entscheidenden Einfluss auf sein weiteres Leben nehmen und es unmittelbar betreffen. Andererseits kann der vom Kind kundgetane Wille auch Ausdruck von Bindungen zu einem Elternteil sein, die es geboten erscheinen lassen können, ihn in dieser Hinsicht zu berücksichtigen. Der geäußerte Wille des Kindes muss aber zielorientiert, intensiv, stabil und autonom sein, um Beachtung zu finden. Die Überwindung eines stark ausgeprägten konstanten Kindeswillens stellt eine Kindesgefährdung dar. Sie liegt grundsätzlich erst bei dem Willen eines älteren Kindes vor und nicht schon bei dem Willen eines Kleinkindes. Das OLG Saarbrücken hat daher zu Recht ausgeführt, dass der Kindeswille bei einem Kleinkind noch eher geringes Gewicht hat, weil dieses Kind noch nicht in der Lage ist, sich seinen eigenen Willen zu bilden, während ihm mit zunehmendem Alter und entsprechender Einsichtsfähigkeit vermehrte Bedeutung zukommt.
Die Nichtbeachtung des kindlichen Willens bringt das Gefühl des Ausgeliefertseins hervor und kann zu aggressiven oder resignativen Reaktionen führen. Hingegen kann die Beachtung des kindlichen Willens das Selbstvertrauen des Kindes stärken und seinen emotionalen Stress reduzieren. Der erklärte Wille des Kindes muss aber unbeachtlich bleiben, wenn der Kindeswille offensichtlich beeinflusst wurde und die manipulierten Äußerungen des Kindes die tatsächlichen Bindungsverhältnisse nicht zutreffend wiedergeben. Darüber hinaus ist die ablehnende Äußerung des Kindes auch unbeachtlich, wenn es seine negative Haltung nicht begründen kann. Der Wille eines Kindes ist aber auch dann nicht maßgeblich, wenn die Befolgung des Kindeswillens zu einem das Kindeswohl gefährdenden Zustand führen würde.