Den Vorschriften des § 1684 Abs. 4 S. 1 und 2 BGB ist zu entnehmen, dass sie sich in den beiden Sätzen hinsichtlich der Zeit des Ausschlusses des Umgangsrechts unterscheiden. Bei § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB geht es um einen Ausschluss für längere Zeit oder auf Dauer. Diese Zeitbegrenzung fehlt der Norm des § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB. Sie regelt im Umkehrschluss zu § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB den Ausschluss des Umgangsrechts nur für kürzere Dauer. Bei § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB erfolgt der Eingriff, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist; die Vorschrift des § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB setzt hingegen voraus, dass der Umgangsausschluss nur ergehen kann, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Die beiden Vorschriften enthalten mithin zwei unterschiedliche Eingriffsschwellen.
Mit Rücksicht hierauf stellt sich die Frage, ob die hohe Eingriffsschwelle des § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB auch bei kurzfristigen Umgangsausschlüssen des § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB gilt oder ob bei dem kurzfristigen Ausschluss des Umgangsrechts der Eltern mit dem Kind eine Gefährdung des Kindeswohls nicht erforderlich ist.
Diese Frage ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten. Das OLG Nürnberg vertritt die Ansicht, dass für einen kurzfristigen Ausschluss des Umgangsrechts der Eltern mit dem Kind eine Gefährdung des Kindeswohls nicht erforderlich ist. Demgegenüber meint Rauscher, dass die Vorschrift des § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB auf jeden Umgangsausschluss, mithin sowohl auf den kurzfristigen als auch auf den langfristigen und sogar auf den auf Dauer angelegten Anwendung findet.
Letztlich kann dem Wortlaut des § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB für die Klärung dieser Frage nichts entnommen werden. Denn es ist nicht klar, ob sich die Worte "für längere Zeit oder auf Dauer" sprachlich nur auf "einschränkt" oder auch auf "ausschließt" beziehen. Bezöge sich der Ausschluss nicht auf die Worte "für längere Zeit oder auf Dauer", dann unterläge auch der Ausschluss von kürzerer Dauer dem Anwendungsbereich der strengeren Eingriffsschwelle. Nach Rauscher war es Ziel des Gesetzgebers "jeden Ausschluss des Umgangs, also auch den eines kurzfristigen, der höheren Eingriffsschwelle zu unterstellen."
Das hätte dann zur Konsequenz, dass die Bestimmung des Zeitraums – kurzfristig oder langfristig – beim Ausschluss des Umgangsrechts keine Rolle mehr spielte. Durch das Gefährdungserfordernis sowohl bei kurzfristigen als auch bei langfristigen und auf Dauer angelegten Umgangsausschlüssen würde stets ein wesentlich höherer Interventionsmaßstab installiert. Die Zeitbestimmung mit den unterschiedlichen Rechtsfolgen hätte nur noch bei der Umgangseinschränkung Bedeutung.
Gesetzlich ist nicht definiert, welcher Zeitraum als "längere Zeit" bzw. als "kurzfristig" anzusehen ist. Deshalb verwundert es nicht, wenn hierzu unterschiedliche Rechtsansichten vertreten werden. Ein längerfristiger Umgangsausschluss i.S.d. § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB soll vorliegen, wenn der Umgang für eine Zeit von mehr als zwei bis drei Monaten ausgeschlossen würde. Nach OLG Hamm liegt ein Ausschluss für längere Zeit vor, wenn der Ausschluss einen Zeitraum von zwei Jahren umfasst. Das DIJuF-Gutachten vom 15.6.2016 spricht davon, dass ein Umgangsausschluss bis zu sechs Monaten noch ein kurzfristiger ist. Nach Splitt umfasst die "längere Zeit" einen Zeitraum von sechs Monaten bei einem Kind ab einem Alter von 7 Jahren und von einem Jahr bei einem Kind ab 12 Jahren.
Wie problematisch aber die Orientierung der Entscheidungsfindung an festen Fristen ist, hat Salgo im Rahmen der Kommentierung zur Verbleibensanordnung des § 1682 BGB im Einzelnen dargelegt. Die Orientierung der Entscheidungsfindung an festen Fristen ist abzulehnen, weil sie die Besonderheit des Einzelfalles vernachlässigt. Bei der Auslegung des Zeitmaßes kann es sich lediglich um ein Richtmaß und nicht um eine starre Grenze handeln. Die Frage, ob ein "längerfristiger" bzw. ein "kurzfristiger" Ausschluss des Umgangrechts vorliegt, kann daher nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles beantwortet werden. Als Faustregel ist allerdings nach OLG Nürnberg zu berücksichtigen, dass der Ausschlusszeitraum umso kürzer sein muss, je jünger ein Kind ist, weil bei jungen Kindern bereits eine Unterbrechung für einen relativ kurzen Zeitraum zu einer Entfremdung führen kann. Oder anders ausgedrückt: "Je älter ein Kind ist, desto längere Zeiträume werden angesetzt." Abzustellen ist bei der entsprechenden Bewertung stets auf das Zeitempfinden eines Kindes im jeweiligen Alter.
Die Auslegung der Tatbestandselemente "kurzfristig" bzw. "langfristig" beim Umgangsausschluss kann im Einzelfall zu Rechtsunsicherheit führen. Denn einerseits muss diese Regelung bei § 1684 Abs. 1 S. 1 BGB für das Kindeswohl erforderlich sein, andererseits muss bei § 1684 Abs. 2 S. 2 BGB geprüft werden, ob eine Kindesgefährdung vorliegt. Das Amtsgericht kann im Einzelfall von einem kurzfristigen Ausschluss des...