Einführung
Das Umgangsrecht steht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG. Danach sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Ihren einfachgesetzlichen Ausdruck hat diese Anforderung in § 1626 Abs. 3 S. 1 BGB gefunden. Danach gehört zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Dieser Grundsatz erfährt aber durch § 1684 Abs. 4 S. 1 und 2 BGB eine Einschränkung oder sogar einen Ausschluss. Danach kann das Familiengericht das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Nach § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB dieser Bestimmung kann eine Entscheidung, die das Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, sogar ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre.
Ein Ausschluss des Umgangsrechts ist dann veranlasst, wenn nach den Umständen des Einzelfalles der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren. Entscheidungen zum Ausschluss des Umgangs müssen aber stets den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten. Vor Ausschluss des Umgangsrechts ist immer z.B. die Anordnung begleiteter Umgangskontakte in Betracht zu ziehen.
Gegenstand der folgenden Ausführungen ist allein die Darstellung der Ausschlussgründe, die sowohl aufseiten der Eltern als auch aufseiten des Kindes vorliegen. Mit Rücksicht hierauf kommt es auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung, d.h. auf die Prüfung anderer abgestufter Maßnahmen der Umgangsregelung nicht (mehr) an.
I. Aufbau des Gesetzes
Den Vorschriften des § 1684 Abs. 4 S. 1 und 2 BGB ist zu entnehmen, dass sie sich in den beiden Sätzen hinsichtlich der Zeit des Ausschlusses des Umgangsrechts unterscheiden. Bei § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB geht es um einen Ausschluss für längere Zeit oder auf Dauer. Diese Zeitbegrenzung fehlt der Norm des § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB. Sie regelt im Umkehrschluss zu § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB den Ausschluss des Umgangsrechts nur für kürzere Dauer. Bei § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB erfolgt der Eingriff, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist; die Vorschrift des § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB setzt hingegen voraus, dass der Umgangsausschluss nur ergehen kann, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Die beiden Vorschriften enthalten mithin zwei unterschiedliche Eingriffsschwellen.
Mit Rücksicht hierauf stellt sich die Frage, ob die hohe Eingriffsschwelle des § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB auch bei kurzfristigen Umgangsausschlüssen des § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB gilt oder ob bei dem kurzfristigen Ausschluss des Umgangsrechts der Eltern mit dem Kind eine Gefährdung des Kindeswohls nicht erforderlich ist.
Diese Frage ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten. Das OLG Nürnberg vertritt die Ansicht, dass für einen kurzfristigen Ausschluss des Umgangsrechts der Eltern mit dem Kind eine Gefährdung des Kindeswohls nicht erforderlich ist. Demgegenüber meint Rauscher, dass die Vorschrift des § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB auf jeden Umgangsausschluss, mithin sowohl auf den kurzfristigen als auch auf den langfristigen und sogar auf den auf Dauer angelegten Anwendung findet.
Letztlich kann dem Wortlaut des § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB für die Klärung dieser Frage nichts entnommen werden. Denn es ist nicht klar, ob sich die Worte "für längere Zeit oder auf Dauer" sprachlich nur auf "einschränkt" oder auch auf "ausschließt" beziehen. Bezöge sich der Ausschluss nicht auf die Worte "für längere Zeit oder auf Dauer", dann unterläge auch der Ausschluss von kürzerer Dauer dem Anwendungsbereich der strengeren Eingriffsschwelle. Nach Rauscher war es Ziel des Gesetzgebers "jeden Ausschluss des Umgangs, also auch den eines kurzfristigen, der höheren Eingriffsschwelle zu unterstellen."
Das hätte dann zur Konsequenz, dass die Bestimmung des Zeitraums – kurzfristig oder langfristig – beim Ausschluss des Umgangsrechts keine Rolle mehr spielte. Durch das Gefährdungserfordernis sowohl bei kurzfristigen als auch bei langfristigen und auf Dauer angelegten Umgangsausschlüssen würde stets ein wesentlich höherer Interventionsmaßstab installiert. Die Zeitbestimmung mit den unterschiedlichen Rechtsfolgen hätte nur noch bei der Umgangseinschränkung Bedeutung.
Gesetzlich ist nicht definiert, welcher Zeitraum als "längere Zeit" bzw. als "kurzfristig" anzusehen ist. Deshalb verwundert es nicht, wenn hierzu unterschiedliche Rechtsansichten vertreten werden. Ein längerfristiger Umgangsausschluss i.S.d. § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB soll vorliegen, wenn der Umgang für eine Zeit von mehr als zwei bis drei Monaten ausgeschlossen würde. Nach OLG Hamm liegt ein Ausschluss für längere Zeit vor, wenn der Ausschluss einen Zeitraum von zwei J...