Zunächst ist von der Dauer der Ehe auszugehen. Wenn die kurze Ehedauer festgestellt worden ist, ist dann im Rahmen der umfassenden Billigkeitsabwägung zu prüfen, inwieweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines vom Berechtigten betreuten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig ist. Die Betreuungszeit ist also nicht der Ehedauer hinzuzurechnen.

Nach der inzwischen gefestigten BGH-Rechtsprechung ist eine Ehezeit von nicht mehr als zwei Jahren in der Regel kurz, eine solche von mehr als drei Jahren hingegen nicht mehr als kurz zu bezeichnen.[6]

Entscheidendes Kriterium für eine kurze Ehedauer (gerechnet von der standesamtlichen Trauung bis zur Zustellung des Scheidungsantrages) ist vor allem, inwieweit die Ehegatten ihre Lebensführung bereits aufeinander eingestellt und in wechselseitiger Abhängigkeit auf ein gemeinsames Lebensziel ausgerichtet haben.

In seiner Entscheidung aus dem Jahr 1999[7] hat der BGH ausdrücklich festgestellt, dass bei einer fünfeinhalbjährigen kinderlosen Ehe nicht mehr von einer kurzen Ehe gesprochen werden kann. Außerdem sei eine zeitliche Begrenzung der Unterhaltsverpflichtung in Anlehnung an die Dauer der Ehe im Gesetz nicht vorgesehen. Das Gesetz gehe vielmehr von einer lebenslangen Unterhaltsverpflichtung aus.

Zusammenfassend lässt sich feststellen:

kurze Ehedauer in der Regel bis drei Jahre;
eine Ehedauer von mehr als drei Jahren ist nicht mehr ohne Weiteres als kurz zu bezeichnen;
bis zu fünf Jahren kann eine kurze Ehedauer gegeben sein, aber nur bei ganz besonderen Umständen.

Kindererziehungszeiten:

Auch wenn aus einer kurzen Ehe Kinder hervorgegangen sind, ist grundsätzlich zunächst von der tatsächlichen Ehedauer auszugehen.

Die Neufassung von 2008 (UÄndG) beinhaltet eine klarere Regelung. Hierbei wurde auf die Rechtsprechung des BVerfG aus dem Jahre 1989 Bezug genommen. Die frühere Formulierung war wenig geglückt.

Die Vorschrift nach dem 1.1.2008 lautet:

Zitat

"Dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 BGB Unterhalt verlangen kann."

Auch wenn Kinder da sind, ist von der tatsächlichen Ehedauer auszugehen. Die Wahrung der Belange der Kinder/des Kindes erfolgt erst im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Billigkeitsabwägung. Die Zeit der Kinderbetreuung ist der Ehedauer nicht hinzuzurechnen.

Zeiten eines Unterhaltsanspruchs nach § 1570 BGB sind auch erst in der Zukunft liegende Zeiten. Das BVerfG hat bei der Auslegung und Anwendung des § 1579 Nr. 1 BGB festgestellt, dass zunächst von der tatsächlichen Ehezeit auszugehen ist und anschließend die zur Wahrung der Belange des Kindes gesetzlich vorgesehene Abwägung vorzunehmen ist.[8] Der Tatbestand der Nr. 1 hätte anderenfalls in Kinderbetreuungsfällen gar keine Anwendung finden können. Die Vorschrift würde leerlaufen.

Im Regelfall wird man eine kurze Ehe bei einer Ehedauer von bis zu zwei Jahren annehmen können, ab drei Jahren wird es schwierig, die kurze Ehedauer zu begründen. Je länger sich die Ehedauer darstellt, desto schwieriger dürfte es sein, § 1579 Nr. 1 BGB anzuwenden.

Nach der BGH-Rechtsprechung liegt eine kurze Ehedauer regelmäßig dann nicht mehr vor, wenn sie drei Jahre – gerechnet von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages – überschreitet.[9]

Der BGH-Senat hatte sich mit der Frage der kurzen Ehe jedoch nicht beschäftigt, weil er keine besonderen Umstände gesehen hat, die eine andere Beurteilung der kurzen Ehedauer geboten erscheinen ließen. Im vorliegenden Fall war eine Ehedauer von vier Jahren gegeben, sodass von einer kurzen Ehedauer grundsätzlich nicht ausgegangen werden könne.[10]

Bei einer Ehedauer von drei Jahren und acht Monaten ist demzufolge im Regelfall § 1579 Nr. 1 BGB nicht mehr anzuwenden, auch dann nicht, wenn die Ehefrau bei Nacht und Nebel ausgezogen ist und keine Nachricht über ihren weiteren Wohnort zurückgelassen hat. Die Entscheidung des Amtsgerichts ist vom OLG Köln ausdrücklich gebilligt worden.[11]

In einem derartigen Fall besteht jedoch die Möglichkeit, bei einer nicht mehr ganz kurzen Ehe über § 1578b BGB eine Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts vorzunehmen, weil die Ehedauer nicht allzu lang war. Im vorliegenden Fall ist noch ein Unterhaltsanspruch für ein Jahr zugesprochen worden sowie ein weiteres Jahr mit einer Herabsetzung auf die Hälfte des zu zahlenden Unterhalts.[12]

Für die Dauer der Ehe ist demzufolge nicht allein die Zeit des tatsächlichen Zusammenlebens der Ehegatten bis zur Trennung maßgeblich, sondern der Gesichtspunkt des rechtlichen Ehebandes.

Unerheblich ist ferner

die Zeit des tatsächlichen Zusammenlebens;
die Anhängigkeit eines Prozesskostenhilfegesuchs für die Scheidung;
dass der Scheidungsantrag verfrüht, also vor Ablauf des Trennungsjahres, gestellt wurde;[13]
dass die Ehegatten bereits lange getrennt leben;
Ehemotiv: Versorgung für weiteren Lebensabend – ohne entscheidende Bedeutung;
wie die/der Berechtigte oh...

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