Die Grundrechte des Grundgesetzes gelten nach heutigem Verständnis unterschiedslos für jedes Alter (zur Getung von Kinderrechten für das ungeborene Leben siehe unten unter 5.). Kinder und Erwachsene sind gleichermaßen Rechtssubjekte und Grundrechtsträger. Nach dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 2 ("Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.") könnte man allerdings meinen, Kinder seien nur Objekte elterlicher Erziehung. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch klargestellt, dass dem Kind "die Grundrechte … als eigene Rechte zukommen …" und das Kind "ein Wesen mit eigener Menschenwürde und einem eigenen Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit … ist".[3]

In der Gesamtschau zeigt sich, dass das Bundesverfassungsgericht den Grundrechtsschutz von Kindern ausdifferenziert und gestärkt hat. Besonders betont hat das Gericht das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit von Kindern und deren Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.[4] Vor allem in Verfahren zu Sorgerechtsentscheidungen hat das Gericht die Individualität des Kindes als Grundrechtsträger herausgestellt. In diesem Kontext wurde auch bestätigt, dass Kindern das Grundrecht auf rechtliches Gehör zustehe (Art. 103 Abs. 1 GG).[5]

Des Weiteren hat das Bundesverfassungsgericht auf ein "verfassungsrechtliches Gebot" hingewiesen, "den Willen des Kindes zu berücksichtigen, soweit dies mit seinem Wohl vereinbar ist".

Zitat

"Nur wenn die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbstständigem verantwortungsvollem Handeln berücksichtigt werden, kann das Ziel erreicht werden, das Kind darin zu unterstützen, zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu werden",

betonen die Karlsruher Richter.[6]

In seiner neueren Rechtsprechung hat das Gericht zudem aus dem Persönlichkeitsrecht des Kindes und den Elternrechten ein Recht des Kindes auf "elterliche Pflege und Erziehung"[7] abgeleitet. Adressat dieses "subjektiven Gewährleistungsrechts"[8] des Kindes ist der Staat (zum Wächteramt des Staates siehe unten unter 11.).

Kurz und knapp: Die Grundrechte des Grundgesetzes stehen auch Kindern zu. Das Bundesverfassungsgericht hat die Grundrechte zudem kinderspezifisch ausgestaltet. Eine inhaltliche Schutzlücke des Grundgesetzes mit Blick auf Kinder besteht also nicht.

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