BGB § 313 § 516 Abs. 1
Leitsatz
1. Die vom (mit-) beschenkten Partner des eigenen Kindes geteilte oder jedenfalls erkannte Vorstellung des Schenkers, eine zugewendete Immobilie werde vom eigenen Kind und dessen Partner dauerhaft als gemeinschaftliche Wohnung oder Familienwohnung genutzt, kann die Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrages bilden (Bestätigung von BGH, Urt. v. 19.1.1999 – X ZR 60/97, NJW 1999, 1623, und v. 3.2.2010 – XII ZR 189/06, BGHZ 184, 190). (Rn 18)
2. Die Schenkung begründet jedoch kein Dauerschuldverhältnis. Für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage reicht es deshalb nicht aus, dass die Lebensgemeinschaft nicht bis zum Tod eines der Partner Bestand hat. Hat jedoch die gemeinsame Nutzung der Immobilie entgegen der mit der Schenkung verbundenen Erwartung nur kurze Zeit angedauert, kommt regelmäßig ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht. (Rn 30)
3. In diesem Fall ist der Schenker in der Regel berechtigt, vom Schenkungsvertrag zurückzutreten und das gesamte Geschenk oder dessen Wert zurückzufordern. (Rn 34)
BGH, Urt. v. 18.6.2019 – X ZR 107/16 (OLG Brandenburg, LG Potsdam)
Anmerkung
Anm. d. Red.: Die Entscheidung ist abgedruckt in FF 2019, 408 ff.
2 Anmerkung
Die Entscheidung des u.a. für Rechtsstreitigkeiten über Schenkungen zuständigen X. Zivilsenats des BGH vom 18.6.2019 enthält interessante Aussagen zur Frage der Rückgewähr von Geschenken im Falle eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage und ist deshalb zu Recht auf erhebliches mediales Interesse gestoßen. Mitunter haben Presseberichte einer breiten Öffentlichkeit allerdings ein verzerrtes Bild vom Gegenstand der Entscheidung vermittelt. Dies gilt etwa für die Meldung, der BGH habe mit der Entscheidung "den Umgang mit größeren Geldgeschenken der Schwiegereltern nach einer Trennung oder Scheidung präzisiert", oder auch für die Warnung "Schwiegereltern aufgepasst: Größere Geldgeschenke ans Kind und dessen Partner müssen bei einer Trennung nur noch dann zurückgezahlt werden, wenn die Beziehung ungewöhnlich schnell zerbricht." Denn tatsächlich liegt der Entscheidung eine Zuwendung von – wenn man so will als "Schwiegereltern in spe" zu bezeichnenden – Eltern an den mit ihrer Tochter in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammenlebenden Partner und gerade keine Zuwendung von "echten" Schwiegereltern an den Ehegatten ihres Kindes zugrunde. Auf Letztere ist die Entscheidung somit, anders als die vorstehenden Zitate suggerieren, nicht ohne weiteres übertragbar, wenngleich die Entscheidungsgründe, was zu den vorstehenden Zitaten beigetragen haben mag, mitunter Passagen enthalten, in denen ausdrücklich die Rechtslage bei beschenkten nichtehelichen Partnern des eigenen Kindes und beschenkten Schwiegerkindern gleich beurteilt wird. Die Ausgangslage ist allerdings in beiden Konstellationen dieselbe: Eltern wollen die Lebensgemeinschaft ihres Kindes mit dessen Partner oder Partnerin durch finanzielle Zuwendungen größeren Umfangs, häufig zum Zwecke des Erwerbs eines Familienheims, unterstützen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass die Entscheidung des X. Zivilsenats in einigen Punkten nicht unerheblich von der Rechtsprechung abweicht, die der für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH zur Rückabwicklung von Schwiegerelternzuwendungen entwickelt hat.
1. Rechtliche Einordnung der Zuwendung als Schenkung
Seitdem er von seiner vorherigen Praxis, derartige Begünstigungen eines Ehegatten durch die Eltern des anderen analog den ehebezogenen Zuwendungen unter Ehegatten zu behandeln, mit Urteil vom 3.2.2010 abgerückt ist, qualifiziert der XII. Zivilsenat Zuwendungen von Schwiegereltern an das Schwiegerkind mit der Begründung, dass die Übertragung des Vermögenswerts regelmäßig in dem Bewusstsein erfolge, künftig an dem Gegenstand nicht mehr selbst zu partizipieren, mithin eine dauerhafte Verminderung des eigenen Vermögens zur Folge habe, in ständiger Rechtsprechung als Schenkungen i.Sv. § 516 BGB. Insofern besteht Gleichklang mit der vorliegenden Entscheidung des X. Zivilsenats, der – wie das OLG Brandenburg und das LG Potsdam als Vorinstanzen – die Zuwendung der Klägerin an den nichtehelichen Lebensgefährten ihrer Tochter ebenfalls als Schenkung wertet.
2. Rückabwicklung bei Wegfall der Geschäftsgrundlage
Diese rechtliche Einordnung ermöglicht es dem Zuwendenden zum einen, schenkungsrechtliche Rückgewähransprüche nach §§ 527 ff. BGB geltend zu machen, wenn deren tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt sind. Zum anderen kommen daneben, wie der X. Zivilsenat – ebenfalls in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats zu Schwiegerelternzuwendungen – betont, Ansprüche nach § 313 BGB in Betracht, wenn die Geschäftsgrundlage der Schenkung nachträglich entfällt.
a) Geschäftsgrundlage der Schenkung
Der X. Zivilsenat setzt sich intensiv damit auseinander, wie im Einzelfall die Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrages zu ermitteln ist. Dabei betont er die von ihm skizzierte "Asymmetrie" des Schenkungsvertrags und deren Bedeutung für die die Geschäf...