Einführung
Zu den Grundlagen der anwaltlichen Bearbeitung von Trennungs- und Scheidungsmandaten gehört die Kenntnis und Handhabung der Grundsätze der Entflechtung vermögensrechtlicher Verbindungen von Ehegatten, auch und insbesondere falls die Sachverhalte über den gesetzlichen Zugewinnausgleich hinausgehen. Hierbei ist das Konkurrenzverhältnis zum Zugewinnausgleich im Blick zu behalten. Die hier zu besprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart betrifft mit diesem Bezug den Fall einer BGB-Außengesellschaft unter Ehegatten. Der Beitrag greift von der Rechtsprechung zur Vermögensauseinandersetzung unter Ehegatten entwickelte Grundsätze auf und befasst sich mit ihrer Anwendbarkeit auf die BGB-Außengesellschaft.
I. Die Leitsätze der Entscheidung
1. Waren die Eheleute während der Ehe Gesellschafter einer Zwei-Personen-GbR (Außengesellschaft) und lebten sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so ist bei einer freien Entnahme im Zweifel davon auszugehen, dass die Eheleute eine konkludente Vereinbarung getroffen haben, wonach es nach dem Ende der Gesellschaft bei der bis dahin erfolgten Entnahmepraxis verbleibt und kein Ausgleich entsprechend einer hälftigen Gewinnbeteiligung erfolgt.
2. Dies gilt jedoch nur für die Zeit bis zur Trennung der Eheleute. Ab der Trennung besteht kein Anlass mehr für die Vermutung einer abweichenden Vereinbarung über die Gewinnverteilung. Vielmehr ist ab diesem Zeitpunkt davon auszugehen, dass die Grundregel der hälftigen Beteiligung am Gewinn/Verlust gem. § 722 Abs. 1 BGB einschlägig ist. Soweit ein Ehegatte/Gesellschafter nach der Trennung mehr entnommen hat, als seinem Gewinnanteil entsprach, hat ein Ausgleich zu erfolgen.
Leitsatz 1 stellt klar, dass der Güterstand der Zugewinngemeinschaft Prämisse des rechtlichen Schlusses ist. Damit befasst sich dieser Beitrag.
Vereinfacht gesagt: unter der ausdrücklichen Voraussetzung, dass die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand lebten, erfolgt bei freiem Entnahmerecht bis zum Trennungszeitpunkt kein Ausgleich und greift erst danach die Zweifelsregel des § 722 Abs. 1 BGB.
II. Vorbemerkung
Das von einer BGB-Gesellschaft ggf. gebildete Vermögen steht grundsätzlich den Gesellschaftern als Eigentümer zur gesamten Hand zu. Wird die Gesellschaft als Innengesellschaft geführt, gilt dies nicht. Zu deren konstitutiven Merkmalen gehört, dass das Vermögen zwar durch die beidseitigen Beiträge gemeinsam erwirtschaftet, dinglich aber nur demjenigen Gesellschafter zugeordnet wird, der nach außen in Erscheinung tritt. Der andere Gesellschafter ist auf einen schuldrechtlichen (finanziellen) Ausgleichsanspruch bei Beendigung der Innengesellschaft verwiesen. Dies gilt bei Ehegatten wie unter anderen Innengesellschaftern auch.
Daraus folgt indes nicht, dass sich bei Ehegatten bei Vorliegen einer Außen- anstatt einer Innengesellschaft hinsichtlich der Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, insbesondere was den Zugewinnausgleich betrifft, nicht vergleichbare grundsätzliche Fragen stellen. Dies ist nicht anders als beispielsweise beim Gesamtschuldnerausgleich im Verhältnis zum Zugewinnausgleich. Mit diesem Konkurrenzverhältnis befasst sich auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts.
III. Die Entscheidung des OLG Stuttgart
1. Sachverhalt
Die beteiligten Ehegatten hatten einander am 12.7.2002 geheiratet und 2008 gemeinsam eine Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüferkanzlei erworben, die sie in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft durch lediglich mündliche Vereinbarung gründeten. Der Kaufpreis wurde finanziert. Sie vereinbarten die Verwendung der Gewinne für die Rückführung des Darlehens, die Lebenshaltungskosten, die Ausbildung der Kinder und die Altersvorsorge. Es wurden darüber hinaus jeweils auch zweckfremde Entnahmen im Alleininteresse vorgenommen. Die Entscheidung geht im Übrigen von einem freien Entnahmerecht Beider aus. Kapitalkonten wurden nicht eingerichtet und geführt. Die Ehegatten trennten sich am 9.9.2016. Die Ehefrau kündigte die Gesellschaft mit Schreiben vom 16.2.2017. Der Scheidungsantrag wurde am 16.8.2017 zugestellt.
Zu beiderseitigen Entnahmen kam es sowohl vor als auch noch nach der Trennung, teils den vereinbar...