Die Erwerbsverpflichtung besteht bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Dies gilt für abhängig Beschäftigte wie für Selbstständige und auch dann, wenn eine Tätigkeit über die Regelaltersgrenze hinaus berufstypisch ist oder der gemeinsamen Lebensplanung der Ehegatten entsprach. Da eine Altersrente nur auf Antrag gezahlt wird, obliegt es einem Unterhaltspflichtigen im Rentenalter, eine Vollrente zu beantragen, sofern er keiner weiteren Erwerbstätigkeit nachgeht. Die Minderung der Leistungsfähigkeit infolge des regulären Renteneintritts ist grundsätzlich zu beachten, eine nach Erreichen der Regelaltersgrenze ausgeübte Erwerbstätigkeit ist in der Regel überobligatorisch, so dass über die Berücksichtigung hieraus erzielter Einkünfte im Einzelfall nach Billigkeit zu entscheiden ist. Die bloße Berufsüblichkeit allein führt nicht zwingend zur vollständigen oder überwiegenden Anrechnung. Der Umfang der Anrechnung hängt vielmehr von den Gründen für die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit ab, z.B. Schuldenabbau, unzureichende Altersversorgung oder beengte wirtschaftliche Verhältnisse. Zu einer Erhöhung des unterhaltspflichtigen Einkommens darf der Ruhestand nicht führen.
Wegen der Erwerbsverpflichtung bis zur Regelaltersgrenze können die Inanspruchnahme von Altersteilzeit oder der Eintritt in den Vorruhestand einen Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen darstellen. Entscheidend dafür sind die konkreten Belange des Berechtigten und des Pflichtigen. Hätte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in zulässiger Weise ohnehin beendet oder leidet der Unterhaltspflichtige an relevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen, kann die Reduzierung oder vorzeitige Beendigung der Erwerbstätigkeit auch dem Berechtigten gegenüber beachtlich sein. Die aufgrund der Vereinbarung von Altersteilzeit erfolgten Einkommenseinbußen sind daher unterhaltsrechtlich dann relevant, wenn die Altersteilzeit aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die eine krankheitsbedingte Verminderung der Erwerbstätigkeit zur Folge haben, wahrgenommen wird. Gegen ein unterhaltsrechtlich leichtfertiges Verhalten spricht in diesem Zusammenhang auch die Vereinbarung einer größeren Abfindung, von deren Umlage auf die Zeit bis zum regulären Renteneintritt auch der Unterhaltsberechtigte profitiert oder wenn überwiegende betriebliche, gesundheitliche oder persönliche Gründe im Zeitpunkt der Vereinbarung dafür sprechen. Vermag der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf durch eigene Einkünfte auf einem relativ hohen Niveau sicherzustellen, ist die Vereinbarung von Altersteilzeit durch den Pflichtigen nicht unterhaltsrechtlich mutwillig. Fehlen dagegen unterhaltsrechtlich anerkennenswerte Gründe, muss der Berechtigte die Einkommensminderung nicht hinnehmen, das bisherige Einkommen ist bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze fiktiv zuzurechnen und danach die Renteneinkünfte, die bei einer Fortsetzung seiner Tätigkeit bis zu diesem Zeitpunkt erzielt worden wären.
Es bleibt aber im Einzelfall zu prüfen, ob die Wahrnehmung der gesellschaftlich etablierten Modelle zur Einschränkung bzw. Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit einen Verstoß gegen die Erwerbspflicht darstellt und dem Unterhaltspflichtigen ein mutwilliges Verhalten anzulasten ist. Wieder ist zu bedenken, dass die strengen Anforderungen des § 1603 Abs. 2 BGB nicht beim Ehegattenunterhalt gelten. Vielmehr kann die Vereinbarung über Altersteilzeit auf triftigen Gründen beruhen und ggfs. bei reduziertem Einkommen eine weitere Beschäftigung sichern.
Bei berufsbedingt vorgezogener Altersgrenze kann eine Obliegenheit zur Weiterarbeit bestehen. Ein Sabbatjahr ist grundsätzlich nicht zuzugestehen.