BGB § 313
Leitsatz
1. Erwirbt die Schwiegermutter mit ihrem Schwiegersohn gemeinsam eine Immobilie und übernimmt die Zahlung des gesamten Kaufpreises, so liegt eine mittelbare Schenkung des Miteigentumsanteils an der Immobilie vor.
2. Die Übernahme der laufenden verbrauchsabhängigen und -unabhängigen Kosten für das gesamte Objekt und zeitweilige Zahlung von monatlich 100 EUR durch den Schwiegersohn stellen keine Gegenleistung für die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils dar, weil diese Leistungen nach dem Willen der Vertragsparteien nicht in einem inneren rechtlichen Zusammenhang mit der Übertragung des Miteigentumsanteils stehen. Dies gilt vor allem dann, wenn die Schwiegermutter noch erhebliche Investitionen in das Haus getätigt hat und der Schwiegersohn mit seinem Auszug seine Zahlungen einstellt.
3. Die Zuwendung des Miteigentumsanteils kann bei Scheitern der Ehe der Tochter mit dem Schwiegersohn nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht zurückgefordert werden, weil während des Bestandes der Ehe der Zweck der Zuwendung jedenfalls teilweise erreicht worden ist. Nur besondere Umstände, etwa die Gefährdung eines Wohnrechts und der Altersversorgung oder die Nichterbringung einer Pflegeverpflichtung wegen eines tiefen Zerwürfnisses, rechtfertigen ausnahmsweise die Rückforderung des Miteigentumsanteils.
4. Dient die Übertragung des Miteigentumsanteils an den mit dem eigenen Kind verheirateten Partner der dauerhaften Unterstützung des Ehe- und Familienlebens, so verbinden die Schwiegereltern mit der Zuwendung im Regelfall die Erwartung einer dauerhaften Ehe. Mit der Trennung ist diese Geschäftsgrundlage in Wegfall geraten.
5. Ob das Festhalten am unveränderten Vertrag den Schwiegereltern zugemutet werden kann, ist im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Maßgebliche Kriterien hierfür sind die Ehedauer, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Schwiegereltern und der früheren Ehegatten, der Umfang der durch die Schenkung bedingten und beim Schwiegerkind noch vorhandenen Vermögensmehrung sowie die mit der Schenkung verbundene Erwartung des Zuwendenden hinsichtlich seiner Versorgung im Alter. In Betracht kommt auch eine nur anteilige Rückgewähr.
6. Die Höhe des nach § 313 BGB geschuldeten angemessenen Ausgleichs in Geld richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Ausgangspunkt für die Bemessung der Höhe des Ausgleichsanspruchs ist der Wert der Zuwendung im Zeitpunkt der Zuwendung. Von dieser Zuwendung ist ein Abschlag dafür zu machen, dass sich die Erwartung der Schwiegereltern, dass das eigene Kind von der Zuwendung an das Schwiegerkind profitiert, jedenfalls bis zur Trennung der Eheleute verwirklicht hat.
7. Bei der Ermittlung des Ausgleichsbetrages ist die von Wever (FamRZ 2016, 857) entwickelte, als lineare Abschreibung bezeichnete Methode zur Hilfe zu nehmen, die die bereits verwirklichte Erwartung des Zuwendenden in angemessener Weise berücksichtigt und gleichzeitig für weitere Abwägungstatsachen jeglicher Art offen ist. Ausgehend von der Annahme, dass die Ehe lebenslang Bestand haben werde, ist für den Abschlag das Verhältnis der Dauer von der Zuwendung bis zum Scheitern der Lebensgemeinschaft zur zu erwartenden Gesamtdauer der Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt der Zuwendung maßgebend.
(red. LS)
OLG Brandenburg, Urt. v. 9.5.2023 – 3 U 55/22 (LG Potsdam)
1 Gründe:
I. [1] Der Kläger ist der ehemalige Schwiegersohn der Beklagten. Dieser war mit der Tochter der Beklagten seit 2003 verheiratet, im Jahr 2011 kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Anfang des Jahres 2021 trennten sich die Eheleute voneinander, der Kläger zog im Juli 2021 aus der gemeinsamen Wohnung aus. Im Jahr 2022 wurden die Eheleute geschieden.
[2] Beide Parteien erwarben mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 6.9.2011 von dem Ehepaar ("Name 01") das Hausgrundstück ("Straße 01") in ("Ort 01"). Der Kaufpreis in Höhe von 95.000 EUR wurde von der Beklagten alleine gezahlt. Er wurde in Höhe von 93.000 EUR über ein Darlehen finanziert, das die Beklagte alleine aufgenommen hat. Sie zahlt bis heute die Darlehensraten alleine. Daneben trug sie auch die Vertragsnebenkosten in Höhe von insgesamt 15.340 EUR. Als Miteigentümer wurden die Parteien zu je ½ eingetragen. Die Beklagte und die Familie des Klägers bewohnten das Haus bis zum Auszug des Klägers im Juli 2021 gemeinsam, wobei die Beklagte zwei Zimmer im Erdgeschoss alleine und der Kläger und seine Familie das Obergeschoss alleine nutzten. Die weiteren Räume (Bad, Küche, Flur, Wintergarten, Terrasse) wurden gemeinsam genutzt.
[3] Mit anwaltlichem Schreiben vom 9.8.2021 erklärte die Beklagte die Kündigung der Schenkung des hälftigen Hausgrundstückes und verlangte die Übertragung dieses Teiles. Der Kläger begehrte seinerseits die Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von der Beklagten ab Oktober 2021.
{4] Die Klage auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung hat der Kläger erstinstanzlich vor Beginn der mündlichen Ve...